Am Rande der letzten Landtagssitzung hatte der Landesrechnungshof zu einer ganz erstaunlichen Pressekonferenz eingeladen. Erstaunlich war sie deshalb, weil es meines Wissens eine derartige PK noch nicht gegeben hat.
Aber von vorn: Im Jahr 2013 wurde das Kinderförderungsgesetzes (KiFöG) des Landes umfänglich novelliert. Unter anderem wurde folgendes geändert:
- Rückkehr zum bedingungslosen Ganztagsbetreuungsanspruch für alle Kinder
- Erhöhung des Mindestpersonalschlüssels
- Entlastung von Mehrkindfamilien bei den Elternbeiträgen
Um dem Landtag und der Landesregierung Hinweise und Empfehlungen für eine Anpassung und Weiterentwicklung des KiFöG zu geben, hat der Landesrechnungshof nun die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen geprüft. Dabei hat er festgestellt, dass das Finanzierungssystem derzeit zu teilweise erheblichen Umsetzungsproblemen führt. Der Rechnungshofpräsident, Kay Barthel meinte: „Das derzeitige Finanzierungssystem des Gesetzes ist dringend überarbeitungsbedürftig. Der Gesetzgeber muss nun prüfen, ob ein gänzlich anderes System, wie z.B. die Zuwendungsfinanzierung, eingeführt wird oder ob das bereits bestehende System sinnvoll überarbeitet werden kann.“
Das ist für die Fachpolitiker und uns Finanzer alles ziemlich wichtig und spannend. Die Landesregierung plant nämlich, in den kommenden Monaten das KiFöG aus dem Jahr 2013 in mehreren Schritten zu verändern. Um das aktuelle System zu verstehen und eventuell notwendige Änderungen vorzuschlagen, bedarf es einer Menge Fachwissen und Fleiß. Der Sonderbericht des Landesrechnungshofes nimmt uns nun viel Arbeit ab.
Erstaunlich an diesem Vorgang rund um die Prüfung ist folgendes: Zum einen muss der Landesrechnungshof seine Berichte gar nicht veröffentlichen. In vielen Fällen behält er die Ergebnisse auch für sich. Nur der vom Rechnungshof Geprüfte bekommt das Prüfergebnis.
Falls ein Bericht wegen seiner besonderen Wichtigkeit doch veröffentlicht wird, dann im Jahresbericht des Rechnungshofes. Zum Jahresbericht gibt es meist eine Pressekonferenz für die Journalisten, in der sie zu allen Themen des Berichts Fragen stellen können. Die relevantesten Themen des Berichts (meist maximal zwei oder drei) werden dann durch die Medien der breiten Öffentlichkeit präsentiert.
Bei der KiFöG-Prüfung handelt es sich um eine Sonderprüfung, die nicht im Jahresbericht steht. Sie hätte also nur dem Rechnungshof und dem Sozialministerium vorgelegen. Der Rechnungshofpräsident hat sich aber dazu entschieden, den Bericht vor der anstehenden Novelle des Gesetzes der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Das ist ein sehr transparentes und faires Verfahren. Er gibt damit nämlich allen Beteiligten die Chance, sich durch die Medienberichterstattung über aktuelle Problemlagen zu informieren. Aber damit nicht genug: Zu der Pressekonferenz wurden nicht nur Medienvertreter eingeladen, sondern auch alle Mitglieder des Finanz- und des Sozialausschusses. Donnerwetter! Als Herr Barthel mir das vor einigen Wochen in einem Gespräch mitteilte, habe ich ganz schön gestaunt. Soweit ich mich erinnern kann, gab es in der Zeit, in der ich bei der Landespressekonferenz gearbeitet habe, nie eine solche Pressekonferenz mit Fachpolitikern. Ich finde es richtig Klasse, dass wir Parlamentarier eingeladen wurden und genauso wie die Journalisten die Möglichkeit hatten, Informationen ganz frisch zu bekommen und Fragen stellen zu können. Wirklich richtig toll!
Toll war auch, dass die Einladung trotz der sehr frühen Uhrzeit (normalerweise finden Pressekonferenzen gegen 10 Uhr statt) von sehr vielen Medienvertretern und Parlamentariern angenommen wurde. Über 30 Personen nahmen an der Veranstaltung teil. Ich habe den Raum der Landespressekonferenz noch nie so voll erlebt.