Eigentlich wollte ich einen größeren Beitrag zu unserem Antrag “Karenzzeiten für Minister” schreiben. Nach den Ereignissen während der Landtagssitzung wird der Beitrag jetzt doch etwas anders.

In dieser Sitzungsperiode hat die AfD mehrere kontroverse Anträge gestellt. Es gab u.a. eine Aktuelle Debatte zur Meile der Demokratie in Magdeburg, einen Antrag mit dem Titel “Errichtung einer zentralen Gedenkstätte für die zivilen Opfer der Flächenbombardierung auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt”, einen Antrag zum Familiennachzug und einen zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Die beiden erstgenannten Themen wurden am Donnerstag behandelt, die anderen beiden am Freitag. Mit jeder Debatte steigerte sich aus meiner Sicht die Anspannung im Parlament, die Aggressivität in der Rhetorik und die Lautstärke.

In dieser Landtagssitzung waren die von der AfD bewusst gewählten Provokationen in Inhalt und Rhetorik kaum mehr von rechtsradikalen Parolen zu unterscheiden. Am Freitagmittag, bei der Rede von Mario Lehmann, war es so schlimm, dass SPD, Grüne und Linke geschlossen den Saal verließen.

Hier einige Beispiele aus den Reden: Wir wurden als “Faschistischer linker Spuk” bezeichnet; der Sender KiKa wurde “Ficki-Ficki-Anleitungs-TV” genannt; als wir den Saal verließen, wurde uns von der AfD-Fraktion “Nazis raus!” hinterher gerufen; Caritas und andere Wohfahrtsverbände seien eine “Unterbringungslobby für minderjähre Goldstücke”; in Bezug auf Kriminalität von Flüchtlingen wurde uns vorgeworfen “politisch und symbolisch Blut an den Händen” der getöteten Opfern in Deutschland kleben zu haben. Der Beitrag des MDR gibt einen guten Eindruck der Stimmung im Landtag.

Nach der Unterbrechung der Sitzung, währenddessen der Ältestenrat tagte, gab Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch ein kurzes Statement zum Verhalten der AfD ab und rief Mario Lehmann zur Weiterführung seiner Rede wieder ans Mikrofon. Frau Brakebusch blieb, wie so oft, mit ihren Äußerungen weit hinter den Erwartungen an das Amt der Landtagspräsidentin zurück.

Erwartungsgemäß ging es mit der Rede der AfD genauso schlimm weiter wie vor der Unterbrechung. Es ist traurig und peinlich, dass der Ältestenrat die Landtagspräsidentin nicht zu einer weiterführenden Äußerung bewegen konnte. So wie das Präsidium (mit Ausnahme von Wulf Gallert) momentan agiert, fürchte ich, dass es weitere rhetorische Entgleisungen geben wird. Ein Kollege sagte, während wir bei der Sitzungsunterbrechung draußen standen, “Das wird ja mit jeder Sitzung schlimmer”.

Nach so einer provokanten, von Ablehnung und Hass durchzogenen Einbringungsrede ist es kaum möglich, mit der eigentlich ausgearbeiteten fachlich fundierten Gegenrede zu reagieren. Wir können ja nicht so tun, als wäre gar nichts passiert. Die Sozialministerin verzichtete aus Protest auf ihre Rede, die Fraktionen reagierten mit politischen Statements. Die gesamte Debatte kann auf der Webseite des Landtages angeschaut werden. Der Antrag der AfD-Fraktion wurde abgelehnt, der Alternativantrag der Koalition mit unseren Stimmen beschlossen.