Der Adel und das liebe Geld

Nördlich von Magdeburg liegen irgendwo zwischen vielen Feldern die kleinen Ortschaften Nedlitz und Wörmlitz. Noch nie von den beiden gehört? Ich bis vor kurzem auch nicht. In dieser Woche haben beide bundesweite Bekanntheit erlangt, weil sich dort Höfe befinden, die einst den Hohenzollern gehörten.

Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage an die Landesregierung geht hervor, dass Georg Friedrich Prinz von Preußen Entschädigungszahlungen für diese Ländereien als Ausgleich für die nach dem Zweiten Weltkrieg von der Sowjetischen Besatzungsmacht enteigneten Güter beantragt hat.

Reichskanzler Adolf Hitler und der Deutsche Kronprinz Wilhelm von Preußen im März 1933 Gespräch vor der Garnisonkirche in Potsdam. Quelle: Wikipedia

Die Landesregierung schreibt, dass es sich um Zahlungen aus Verpachtungen handelt. Man möchte also bares Geld erhalten. Eigentümer der Güter war Wilhelm Prinz von Preußen (1882 bis 1951), der älteste Sohn des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II.

Rechtlich haben die Hohenzollern keinen Anspruch auf Rückgabe – möglicherweise aber auf eine Entschädigung. Ob diese Ansprüche zu Recht bestehen, prüft das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen bis heute.

Der Fall ist knifflig, weil nicht klar ist, inwieweit die Hohenzollern an den Machenschaften der Nazis beteiligt waren. Im Ausgleichsleistungsgesetz steht, dass jeden von Entschädigungen ausgeschlossen ist, der dem nationalsozialistischen System „erheblichen Vorschub geleistet hat“. In Brandenburg, wo auch Verhandlungen mit den Hohenzollern laufen, ist man davon überzeugt, dass Kronprinz Wilhelm dem Hitler-Regime genau diese Dienste erwiesen hat.

Schon vor Jahren hat man dort Gutachten zur Verstrickung der Hohenzollern mit den Nazis anfertigen lassen. In Sachsen-Anhalt zeigt die Landesregierung jedoch ein großes Desinteresse am historischen Erbe und hat offenbar wenig Ambitionen, ein Gutachten anfertigen zu lassen.

Wir werden auf jeden Fall am Thema dranblieben und verfolgen mit großem Interesse, wie die Verhandlungen mit den Hohenzollern ausgehen werden. Seit der erzwungenen Abdankung der Monarchen nach der Novemberrevolution 1918 wollen sich die adligen Nachkommen auf Kosten der Steurzahler die Taschen füllen. DIE LINKE hat hier eine klare Positionen: Es gibt keinen Cent für die Hohenzollern. Diese Position wird auch von fast allen HistorikerInnen unterstützt, die die Rolle der Familie überwiegend kritisch sehen.

Weil die Forderungen der Hohenzollern auch bundesweit von Interesse sind, hat neben der Mitteldeutschen Zeitung auch die SPIEGEL (kostenpflichtig) über meine Kleine Anfrage berichtet.

5 Jahre im Landtag – Zahlen bitte!

Hier eine kleine Zusammenfassung meiner Aktivitäten in den vergangenen fünf Jahren im Landtag von Sachsen-Anhalt:

Im Plenum habe ich 20 Anträge gestellt und mich 197 Mal in Form von Reden, Zwischenintenventionen und Fragen zu Wort gemeldet.

Im Finanzausschuss habe ich gemeinsam mit meinem Kollegen Swen Knöchel 31 Selbstbefassungsanträge gestellt und im Sozialausschuss bisher fünf.

Teilgenommen habe ich an:

124 Plenumssitzungen des Landtages,

105 Sitzungen des Finanzausschusses,

34 Sitzungen des 15. Untersuchungsausschusses,

28 Sitzungen des Rechnungsprüfungsausschusses,

18 Sitzungen des Landesjugendhilfeausschusses,

17 Sozialausschusssitzungen.

Bisher habe ich 205 Kleine Anfragen an die Landesregierung gestellt.

Ich habe 44 Pressemitteilungen geschrieben und wurde mindestens 210 Mal in der Presse erwähnt, dazu kommen diverse Radio- und Fernsehbeiträge.

Als Jugendpolitische Sprecherin habe ich zwei Veranstaltung organisiert und durchgeführt. Es waren diverse Besuchergruppen im Landtag zu Gast, deren vielen Fragen ich mich stellte. Ich hatte einige SchülerpraktikantInnen im Landtag und Studenten, die mich bei meiner Arbeit begleitet haben.

In meinen drei Wahlkreisen und darüber hinaus habe ich diverse Termine wahrgenommen, z.B. in Barleben, Berlin, Bernburg, Biederitz, Burg, Colbitz, Detershagen, Erfurt, Genthin, Gommern, Halberstadt, Haldensleben, Halle, Leipzig, Letzlingen, Magdeburg, Möckern, Möser, Niederndodeleben, Oschersleben, Pretzsch, Sangerhausen, Stendal, Wernigerode, Wolmirstedt und Wörlitz.

5 Jahre im Landtag – Vom Zweifeln, Staunen und Wachsen

Ich komme aus einem nicht-akademischen Elternhaus. Meine Entscheidung, nach dem Abitur Politik und Soziologe zu studieren, sorgte familiär für wenig Begeisterung und stellte mich als Studentin vor einige Herausforderungen. Oft fühlte ich mich naiv, dumm, fehl am Platz: Im Gegensatz zu vielen meiner Kommilitonen wusste ich nicht, wer Max Weber, John-Maynard Keyens oder Michel Foucault waren. Das habe ich mir erst im Laufe des Studiums erarbeitet.

Den Magisterabschluss hatte ich zwar irgendwann in der Tasche, dieses unwohle Gefühl, an der Universität nicht dazu zu gehören, habe ich aber nie abgelegt. Aus meiner Sicht fehlte mir der richtige Duktus und der wissenschaftlich-fundierte Auftritt.

Diese riesige Lernanstalt mit all den Dozenten, Professoren, Dekanen und Rektoren schaute – so mein Eindruck – irgendwie immer auf mich herab.

Und dann zog ich in den Landtag ein. Jetzt sollte ich plötzlich mit darüber bestimmen, wie die Hochschulen finanziert werden, ob es weiter Studiengebühren geben und wie die Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt zukünftig aussehen soll. Im Landtag begegneten mir zwei meiner Dozentinnen wieder – eine Referentin im Justizministerium, eine persönliche Referentin eines Ministers. Und ich, die ehemalige Studentin, stand ihnen nun als Gesetzgeberin gegenüber. Plötzlich war ich diejenige, die Frage stellte, und sie diejenigen, die nach Antworten suchen mussten. Ein komisches Gefühl.

Noch komischer wurde es, als der Rektor meiner ehemaligen Universität am Rande einer Ausschusssitzung zu mir kam und sich bei mir für eine Kleine Anfrage bedankte. Er hätte schon länger Probleme in diesem Bereich und fände meine Fragen dahingehend sehr richtig und hilfreich. Ich bin in dem Moment im Flur des Landtags stehend total rot geworden. Da kommt ein Professor zu mir und bedankt sich bei mir für meine Arbeit. Ui, ui, ui.

Dass ich ihm vor kurzem in einer ganz anderen Sache mit einer parlamentarischen Initiative sogar strukturell und finanziell helfen konnte, freut mich sehr.

Im Landtag die Möglichkeit zu bekommen, mich von einem ganz anderen Standpunkt aus mit Hochschulen zu beschäftigen, fand ich sehr spannend und bereichernd. Und dass ich mich immer noch nicht hochwissenschaftlich ausdrücken kann, ist in der Politik vielleicht sogar ein Vorteil.

Ich bin meinen Eltern dankbar, dass sie mich damals aufs Gymnasium schickten, auch wenn es manchmal nicht einfach war. Es ist wichtig, dass junge Menschen mit unterscheidlichen Hintergründen studieren können und die Möglichkeit erhalten, sich zu bilden. Und es ist wichtig, dass Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen im Landtag wirken können.

Zwei wichtige Erfolge und eine merkwürdige Debatte

Von heute an sind es genau noch sechs Wochen bis zur Wahl. Sechs Wochen mit Aktionen im Wahlkreis, sechs Wochen Flyer stecken, Plakate hängen, Gespräche am Wahlstand führen und Onlinewahlkampf. Ich freue mich drauf und bin stolz auf mein Team vor Ort, das nicht nur mit körperlichem Einsatz dabei ist (z.B. beim Plakate hängen) sondern auch viele tolle Ideen eingebracht hat.

Bevor ich in den kommenden Wochen immer wieder über unsere Arbeit vor Ort berichte, hier noch ein kurzer Blick zurück auf die Landtagssitzung. Die vergangenen Tage haben ziemlich an den Kräften gezerrt, aber euch deutlich gemacht, was man aus der Opposition heraus erreichen kann.

Auch dank unserer intensiven Arbeit im Untersuchungsausschuss wurde offengelegt, wie in der vergangenen Legislatur bei Beraterverträgen ein von Intransparenz und auf Machtkonzentration ausgelegtes System etabliert wurde.

Man kann unterstellen, dass es der Regierung und besonders dem damaligen Finanzminister Jens Bullerjahn bei externen Beauftragungen auch darum ging, politische Verantwortung von sich zu weisen. Nach dem Motto: „Das haben die Berater gesagt.“ So wurden unpopuläre Entscheidungen einfach über Beraterverträge umgesetzt.

Das ist falsch und hat glücklicherweise zu einigen richtigen Konsequenzen geführt: Wirtschaftsminister Felgner verlor seinen Posten und das Institut, das immer wieder Aufträge vom Finanzministerium (auch mit Umweg über die Investitionsbank) bekam, existiert nicht mehr. Das Volumen von Beraterverträgen hat sich in dieser Legislatur deutlich verringert und der Finanzausschuss ist deutlich strenger im Umgang mit Beraterverträgen geworden.

Größter Erfolg des Untersuchungsausschusses ist jedoch, dass nun erstmals seit Bestehen des Landes der Umgang mit Studien, Gutachten und Beraterverträgen gesetzlich geregelt wurde. Ich bin sehr stolz auf diesen Erfolg und hoffe, dass das Gesetz in der kommenden Legislatur Wirksamkeit entfalten kann.

Erfolgreich war auch mein Antrag zum Kompetenzzentrum der Wirtschafts- und Sozialpartner. Er wurde eins zu eins vom Landtag beschlossen.

Wir hatten im Oktober 2020 gefordert, das Kompetenzzentrum der Wirtschafts- und Sozialpartner in Sachsen-Anhalt weiter mit 75.000 Euro jährlich zu finanzieren. Die Förderung des Zentrums lief zum November 2020 aus. Das Zentrum unterstützt die 29 Wirtschafts- und Sozialpartner im Land dabei, EU-Mittel in Sachsen-Anhalt sinnvoll und Wirksam mit zu verteilen, gesetzliche Regelungen zu verstehen und Absprachen mit der Landesverwaltung führen zu können.

Das Kompetenzzentrum ist bei der Universität Magdeburg angesiedelt und kann nun in der gerade gestarteten neuen Förderperiode seine Arbeit weiterführen. Gut, dass wir drangeblieben sind!

Etwas merkwürdig war die Debatte zum Thema “Transparenz”. Ich hatte einen Antrag eingebracht, in dem ich schilderte, dass der Landtag Sachsen-Anhalt bei den vier wichtigsten Bereichen der politischen Integrität nur mittelmäßig abschneidet. Transparency International bewertete in einem Ranking die Verhaltensregeln für Parlamentarier, Karenzzeiten für MinisterInnen, der legislative Fußabdruck und das Lobbyregister.

Gerade die Umsetzung des Lobbyregisters erstaunte mich, denn man könnte auf den ersten Blick meinen, dass dort alles in Ordnung sei. Seit der Parlamentsreform im April 2020 ist die Eintragung ins Register für Lobbyisten immerhin verpflichtend. Und im Gegensatz zum Bundestag haben wir im Land keine Ausnahmetatbestände. Es müssen sich also alle eintragen, die sich an Anhörungen im Landtag beteiligen wollen. Leider passiert das nicht.

Wir haben uns in einer längeren Recherche alle Anhörungen seit dem 1. April 2020, also seit der Parlamentsreform, angesehen. Das waren einige, zum Beispiel zum Landarztgesetz, zum Abfallgesetz, zu Änderung der Bauordnung und zum Medienrechtsänderungsstaatsvertrag. Überall wurden Lobbyvertretungen angehört, aber eingetragen ins Lobbyregister haben sich nur wenige. In unserer Recherche haben wir fünf Seiten voll mit Lobbyvertretern aufgelistet, die im Landtag angehört wurden aber nicht im Register stehen. Ich finde, hier sollte nachgesteuert werden. Ebenso bei Karenzzeiten von MinisterInnen nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt und bei der Offenlegung von Nebeneinkünften der Abgeordneten.

Reaktion der Koalition: Alles Wahlkampf und überhaupt solle ich mal überlegen, in welcher Art und Weise ich meine Reden im Landtag einbringe. Der Kollege von der SPD sagte wörtlich, dass ich Anträge weniger selbstgefällig einbringen soll. Nun ja, so kann man natürlich auch von den eigenen Fehlern ablenken. Traurig, dass eher um die Form als um den Inhalt ging. Immerhin wurde der Antrag in einen Ausschuss überweisen und weiter behandelt. Merkwürdig war die Debatte trotzdem.

Die letzte Landtagssitzung

In dieser Woche findet die letzte geplante Landtagssitzung in dieser Legislatur statt. Und was das für eine Sitzung wird! Auf uns warten 43 Tagesordnungspunkte und damit drei volle Sitzungstage. Es hat ein bisschen was von Rudis Reste-Rampe. Alles muss raus.

Wir behandeln 11 Gesetzesentwürfe, drei aktuelle Debatten, eine Große Anfrage, 18 Anträge und die Berichte der sechs Untersuchungsausschüsse und einer Enquete-Kommission.

Eben weil es so viele Themen sind, hatten wir vorgeschlagen, eine Sondersitzung einzufügen, um beispielweise alle Untersuchungsausschüsse in einer Sitzung zu besprechen. Leider hatte sich die Koalition dagegen entschieden, so dass wir nun drei lange Tage hintereinander tagen.

Da es die letzte Sitzung ist, werde ich auch das letzte Mal in dieser Legislatur am Rednerpult stehen. Vier Mal darf ich diesmal reden. Am Mittwoch behandeln wir den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zu den Beraterverträgen. Dieser wird gemeinsam mit dem Gesetzesentwurf zur Änderung der Landeshaushaltsordnung behandelt. Durch die Gesetzesänderung soll erstmals seit Bestehen des Landes der Umgang mit Studien, Gutachten und Beraterverträgen gesetzlich geregelt werden.

Am Donnerstag wird dann endlich mein Antrag zur Stärkung der Wirtschafts- und Sozialpartner abschließend behandelt. Die Beschlussempfehlung der Koalition sieht vor, meinen Antrag komplett zu übernehmen. Das ist ein toller Erfolg!

Außerdem behandeln wir am Donnerstag die Haushaltsrechnungen für das Jahr 2018. Diese hatten wir in den vergangenen Wochen im Rechnungsprüfungsausschuss besprochen.

Den Schlusspunkt darf ich mit dem Antrag “Transparenz schaffen – Vertrauen stärken” setzen, der am Freitag im so genannten Prioritätenblock behandelt wird. Für diesen Block dürfen alle Fraktionen einen Antrag benennen, der ihnen besonders wichtig ist und daher sehr ausführlich und zu einer günstigen Zeit besprochen wird. Ich freue mich sehr, dass ich diesen Antrag im Prio-Block einbringen darf. Das Thema “Transparenz” liegt mir sehr am Herzen und mit diesem Antrag kann ich hier, in meinem letzten Redebeitrag, noch mal ein dickes Ausrufezeichen setzen.