Die Europäische Union fördert in ihren 28 EU-Staaten Projekte und Programme in allen erdenklichen Bereichen. Der größte Teil des EU-Haushalts fließt in die gemeinsame Agrarpolitik zur Unterstützung der Landwirtschaft, in die Kohäsionspolitik zur regionalen Entwicklung in den EU-Mitgliedstaaten sowie die Bereiche Forschung und Innovation.
Für Sachsen-Anhalt sind vorrangig drei europäische Fonds wichtig: ESF (Europäischer Sozialfonds), ELER (Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) und EFRE (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung).
Aus dem ELER werden Förderprogramme für nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und ländliche Entwicklung (z. B. ökologischer Landbau) bezuschusst.
Der ESF konzentriert sich auf die Verbesserung der Beschäftigungs- und Bildungschancen in der Europäischen Union.
Über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) unterstützt die EU die wirtschaftliche Entwicklung in allen EU-Ländern. Dazu zählen u.a. die Schaffung von Arbeitsplätzen, Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum, Verbesserung der Lebensqualität und nachhaltige Entwicklung.
In der aktuellen Förderperiode, die von 2014 bis 2020 geht, bekommt Sachsen-Anhalt insgesamt für diese drei Fonds knapp 3 Milliarden Euro von der EU zur Verfügung.
Bei allen drei Fonds gilt das Prinzip der Kofinanzierung, d.h. die EU-Mittel sind mit Bundes-, Landes-, kommunalen und sonstigen öffentlichen Mitteln gegenzufinanzieren. Darüber hinaus können auch private Mittel in die Kofinanzierung einbezogen werden.
Um zu kontrollieren, ob die Gelder in den jeweiligen Ländern und Regionen entsprechend der EU-Vorgaben eingesetzt werden, gibt es diverse Kontrollinstrumente und Behörden auf EU- und Landesebene. Sollten all diese versagen und es tatsächlich eine nicht rechtskonforme Verwendung der Mittel geben, tritt OLAF auf den Plan.
OLAF (Office européen de lutte antifraude) bedeutet übersetzt Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung. Das OLAF untersucht Fälle von Betrug zum Nachteil des EU-Haushalts, von Korruption sowie von schwerwiegendem Fehlverhalten innerhalb der Organe und Einrichtungen der EU und entwickelt eine Betrugsbekämpfungsstrategie für die Europäische Kommission. Es führt Untersuchungen von EU-finanzierten Projekten in dem betreffenden Land durch, um sicherzugehen, dass die Mittel korrekt verwendet wurden (z. B. Vor-Ort-Kontrollen und Zeugenbefragungen).
Die aktuell durch die Medien bekannt gewordene Prüfung von OLAF in Sachsen-Anhalt bezieht sich auf die Förderjahre 2000 bis 2013. Das ist also eigentlich Schnee von gestern. Da das OLAF aber einige Zeit für die Prüfung gebraucht hat, stehen erst jetzt die möglichen Rückzahlungen für Sachsen-Anhalt im Raum.
Die Rede ist momentan von Rückzahlungen in Hohe von über 90 Millionen Euro allein für die Versäumnisse im Fall der IBG. Weil man in der Landesregierung schon damit gerechnet hatte, wurden vorsichtshalber 70 Millionen Euro zurückgelegt, allerdings für alle Förderungen und alle Fonds. Die über 90 Millionen für nur einen einzigen großen Fall verschlingen also nicht nur alle Rücklagen, sondern reißen auch ein Loch in den Haushalt. Fraglich ist, ob und in welcher Höhe es auch in anderen Bereichen zu Rückforderungen kommen wird.
In den beiden Jahren hier im Landtag habe ich schon öfter festgestellt, dass wir in Sachsen-Anhalt offensichtlich ein Problem im Umgang mit EU-Geldern haben. Zum einen passen die (schon sehr großzügig) gefassten EU-weiten Zielstellungen nicht immer zu den Bedarfen des Landes und zum anderen wird der Einsatz von EU-Mitteln nach Vergabe an Firmen oder Institutionen offenbar nur sehr lückenhaft kontrolliert. Dazu kommt, dass einige der Gremien, die für die Vergabe der Gelder zuständig sind (Aufsichtsräte, Fachbeiräte etc.) teilweise fachlicht nicht qualifiziert sind, um rechtskonform über Vergaben in Millionenhöhe zu entscheiden.
Sachsen-Anhalt scheint sich also schon seit Jahren an den milliarendschweren Goldtöpfen der EU zu bedienen, hat aber Probleme, das Geld sinnvoll und kontrolliert einzusetzen. Konsequenzen sind dann u.a. ein schlechter Ruf des Landes, wirtschaftlicher Schaden bei Firmen und ein finanzieller Verlust für das Land. Zahlt nämlich die EU nicht für die umgesetzten Projekte, muss das Land die Kosten selbst tragen.
Leider liegt dem Parlament der Prüfbericht von OLAF nicht vor, lediglich die Landesregierung weiß, was genau in dem Bericht steht und was davon ernsthaft problematisch werden kann.
Im Sinne der Transparenz sollte dem Parlament der OLAF-Bericht zur Verfügung gestellt werden. Wissen würde ich auch gern, was seit der IBG-Förderung getan wurde, um das System zu verbessern und solche Förder-Missbrauchsfälle zu verhindern. Momentan arbeiten wir an einem Antrag zur Landtagssitzung am 8. und 9. März.