Die Opposition hat es leicht. Sie trägt keine Regierung und nur in sehr seltenen Fällen Verantwortung für politische Entscheidungen. Die Opposition kritisiert, weist auf Dinge hin, stellt Fragen und macht Gegenvorschläge. Manchmal, wenn die Mehrheitsverhältnisse es nicht anders zulassen, wird die Opposition aber gebraucht; bei den ganz großen Dingen, zum Beispiel Verfassungsänderungen. Diese können – als Lehre aus der Geschichte – nur mit einer Zweidrittelmehrheit des Parlaments beschlossen werden. Und dazu braucht es oft die Opposition.

Genau das ist kürzlich bei uns in Sachsen-Anhalt passiert. Wir haben die Landesverfassung geändert. Im Rahmen der Parlamentsreform wurden von allen Fraktionen Vorschläge zur Veränderung der Verfassung, des Abgeordnetengesetzes, des Fraktionsgesetzes, des Wahlgesetzes und weiterer Gesetze gesammelt und über Monate gemeinsam diskutiert. Es gab eine Parlamentsreformkommission, die sich, ähnlich wie Ausschüsse, regelmäßig traf und verhandelt hat, was wie und wo verändert wird. Heraus gekommen ist ein umfangreiches Paket, das tatsächlich mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet wurde.

Die Parlamentsreform bringt viel Gutes: unter anderem öffentlich tagende Ausschüsse, geringe Quoren bei Volksbegehren, eine Antifaschismusklausel in der Verfassung und eine Schuldenbremse. Viele Kolleginnen und Kollegen haben lange für diese teils schon Jahre überfälligen Änderungen gekämpft. Gut, dass diese Arbeit nun Früchte trägt.

Um einen zügigen Beratungsverlauf zu gewährleisten, wurde vom Landtag beschlossen, dass der Finanzausschuss nicht in die Beratungen einbezogen wird. Normalerweise ist das bei Gesetzesvorhaben zwingend der Fall. Hier haben wir eine Ausnahme beschlossen. Auch ich habe zugestimmt, dass der Finanzausschuss außen vor bleibt. Das war ein Fehler.

Bei den finalen Diskussionen um das Paket „Parlamentsreform“ stellte sich heraus, dass die finanziellen Auswirkungen anders waren, als ich erwartet hatte. Ich ging davon aus, dass moderate Mehrkosten entstehen würden, weil man beispielsweise Videotechnik in einem der Beratungsräume anbringen würde, um Sitzungen live im Internet zu übertragen. Damit wäre ich einverstanden gewesen, auch ohne die konkreten Zahlen vorher gesehen zu haben.

Mit dem, was uns dann aber vorgelegt wurde, hatte ich nicht gerechnet: Mehr Geld für Fraktionsvorsitzende und parlamentarische Geschäftsführer und Pensionswirksamkeit der Zulagen. Das ist neu und außerdem recht teuer. Nach der Parlamentsreform werden nun die Zulagen für besondere Positionen im Landtag auch bei der Pension berücksichtigt. Warum das gemacht wurde, konnte mir bis heute niemand befriedigend beantworten.

Für Fraktionsvorsitzende gilt mit der Parlamentsreform nun einheitlich, dass sie zusätzlich zur Diät einen Zuschlag von 100 Prozent pro Monat bekommen (also zwei Mal 6.900 Euro = 13.800 Euro). Diese Summe wird außerdem komplett auf die Pension angerechnet.

Wer fünf Jahre lang Fraktionsvorsitzender war und dann aus dem Landtag ausscheidet, hat momentan einen Anspruch auf 2.070 Euro Pension pro Monat. Ähnliche Regelungen gelten auch für die Landtagspräsidentin, deren Stellvertreter und die parlamentarischen Geschäftsführer (PGF). Aktuell betrifft diese Regelung also 13 Personen im Parlament (fünf Fraktionsvorsitzende, fünf PGF, Präsidentin, zwei Stellvertreter).

Es ist gut, dass es nun eine einheitliche Regelung für alle gibt und auch, dass nur die genannten Personen Zulagen bekommen können. Vorher haben einige Fraktionen an sehr viele Abgeordnete zusätzliche Gelder vergeben. Schwierig finde ich aber die Höhe der Zulagen und die Pensionswirksamkeit.

Die Arbeit der Parlamentsreformkommission habe ich in den vergangenen Monaten an mir vorbei rauschen lassen. Aufmerksam wurde ich erst, als mich Journalisten auf die fiskalischen Auswirkungen der Parlamentsreform aufmerksam machten. Dann begann das große Rechnen und die Erkenntnis, dass hier Dinge verabredet wurden, die ich nicht mittragen wollte.

Was also tun? Ich hatte zugestimmt, dass der Finanzausschuss außen vor bleibt und habe den Prozess nicht ausreichend aufmerksam verfolgt. Am Ende stand das Paket mit all den guten, wichtigen Änderungen zu deutlich mehr Transparenz, besseren Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und einem antifaschistischen Bekenntnis. Aber eben auch mit den höheren Kosten, die das Parlament sich selbst genehmigt.

Für eine Grundsatzdiskussion war es zu spät, den Moment habe ich verpasst. Was blieb, war der Reform zuzustimmen, um all die sinnvollen Änderungen nicht zu gefährden – trotz der Kostensteigerung.

Es wurmt mich, nicht aufmerksam gewesen zu sein. Auch die Zustimmung zur Nicht-Beteiligung des Finanzausschuss war falsch. Wie kann ich von der Regierung Transparenz und Wirtschaftlichkeit fordern, wenn in diesem Fall im Parlament genau das Gegenteil passiert? Wir haben doch eine Vorbildfunktion und sollten mit gutem Beispiel voran gehen.

Zukünftig heißt es einmal mehr, alle wichtigen Prozesse aufmerksam zu begleiten, zeitnah Kritik zu äußern und zu intervenieren. Für jetzt bleibt nur das Eingeständnis eines Fehlers und ein schlechtes Gewissen den Steuerzahlern gegenüber.