Als ich mich im Jahr 2015 dazu entschloss, zur Landtagswahl anzutreten, tat ich das vor allem, weil ich Dinge verändern wollte. Da ich viele Erfahrungen in der Jugendverbandsarbeit gesammelt hatte, war und ist mir der Jugendbereich besonders wichtig. Nach der Wahl wollte ich daher auch unbedingt jugendpolitische Sprecherin werden.

Durch das Mentoringprogramm bei den LINKEN, meine Arbeit bei der Landespressekonferenz und meine Tätigkeit im Ministerbüro konnte ich die Arbeit von Abgeordneten schon etwas einschätzen. Mir war bewusst, wie parlamentarische Abläufe funktionieren, wie das Zusammenspiel (und mitunter auch die Konkurrenz) von Legislative und Exekutive verläuft und welche Rolle die Medien dabei spielen.

Was mir auch bewusst war, ist die sehr geringe Wahrscheinlichkeit, als Abgeordnete einer Oppositionspartei überhaupt etwas zu bewegen. Natürlich kann man gut begründete Anträge stellen, Gesetzesänderungen schreiben und leidenschaftliche Reden halten. Wenn aber die Koalition anderer Meinung ist, stimmt sie die Initiativen einfach weg und die ganze Arbeit war umsonst.

Wenn man mal einen wunden Punkt in einem Gesetz oder bei einer gesellschaftlichen Debatte erwischt hat, kann es auch sein, dass Koalition einen Alternativantrag zum Oppositionsantrag einbringt. Darin werden Teile des Ursprungs übernommen (oder verwässert) und eigene Positionen der Koalition aufgenommen. Dieser Antrag wird dann beschlossen und wir als Opposition gucken dumm aus der Wäsche. Ehrlich gesagt ist das ziemlich gemein, leider jedoch parlamentarisch so vorgesehen.

Oft wird ein Antrag im Plenum erst gar nicht beschlossen, sondern in den oder die zuständigen Ausschuss / Ausschüsse überwiesen. Dort diskutiert man das Thema dann mit den Fachpolitikern und den Ministerien. Irgendwann (das kann auch mehrere Jahre dauern) kommt der Antrag dann (meist in abgewandelter Version) wieder zurück in den Landtag und wird dann meist von der Mehrheit beschlossen.

Der eigentliche Oppositionsantrag kann also auf verschiedene Weise einfach ausgehebelt und verändert werden. Von unseren Ideen und guten Absichten bleibt nicht mehr viel übrig. Das kann mitunter sehr frustrierend sein und führt schnell zu der Einschätzung, dass man als einzelner Abgeordneter trotz Ideen, Visionen und verständlichen Beispielen aus der Praxis nichts verändern kann.

Ich glaube, dass es trotz der beschriebenen Hürden gelingen kann, Veränderungen herbei zu führen. Letztendlich muss jeder Abgeordnete für sich selbst einschätzen, wie wichtig ein Thema ist und was man dafür tun will. Man kann z.B. Druck mit Hilfe der Medien aufbauen. Wenn diese sich für ein Thema (Beispiel Oury Jalloh) interessieren, selbst dazu recherchieren und das dann mehrfach berichten, stehen sowohl Koalition als auch Regierung plötzlich ziemlich unter Druck.

Bei anderen Anträgen kann es auch vorkommen, dass ein Deal mit der Koalition gemacht wird, der dann heißt: Stimmt ihr unserem Koalitionsantrag zu, stimmen wir dafür, dass euer Antrag in die Ausschüsse überwiesen wird und später vielleicht fast genauso beschlossen wird. Das passiert meist dann, wenn sich die Koalition bei einem Thema selbst nicht sicher ist, ob sie genug Stimmen aus den eigenen Reihen bekommt. Das ist im Übrigen einer der wenigen Vorteile der Kenia-Koalition. Durch die drei unterschiedlichen Koalitionspartner gibt es öfter mal Zoff, den wir dann für uns nutzen können.

Sicher gibt es auch noch weitere Möglichkeiten, die man nutzen kann, um die eigenen Anträge erfolgreich durch das Plenum zu bekommen. Nicht alle sind mir geläufig und nicht alle will ich wissen bzw. anwenden. Klar ist aber: Dass ein Antrag der Opposition umgesetzt wird, kommt äußerst selten vor. Umso mehr freue ich mich über den kleinen Erfolg, den ich kürzlich erringen konnte.

Im August stellte ich den Antrag, im Sponsoringbericht der Landesregierung auch die konkreten Sponsoren zu nennen. Ich berichtete an dieser Stelle auch davon. Der Volksstimme-Artikel dazu findet sich im Pressebereich. Der Antrag wurde in den Innenausschuss und in den Finanzausschuss überwiesen. Da das Land sogar seine Kommunen verpflichtet, Sponsoren zu nennen und auch andere Bundesländer (und sogar der Bund) die Sponsoren nennt, standen die Chancen ganz gut, dass sich auch bei uns etwas tut. Gerechnet habe ich damit, dass es einen Vorschlag geben wird, die Sponsoren dann zu nennen, wenn sie der Nennung zustimmen (also eine verwässerte Variante unseres Antrages) und dass sich der Entscheidungsprozess bis ins Jahr 2018 hinziehen würde. Da hatte ich mich geirrt. Anfang Dezember bekam ich die Info, dass die Sponsoren zukünftig ohne Einschränkung im Bericht genannt werden sollen.

Ich habe mich sehr über den unerwarteten Erfolg gefreut. Es geht also doch: Man kann als Oppositionspolitikerin etwas verändern! Natürlich ist dadurch kein Menschenleben gerettet oder der Weltfrieden ausgerufen, aber es ist ein kleiner Beitrag zu einer besseren Welt, in der Regierungen offen sagen, woher sie Geld bekommen. Zur Feier des Tages gab es gestern in der Wochenendausgabe der Volksstimme einen Beitrag zum Thema.