Am 23. Mai nahm ich an einer Veranstaltung der ZEIT teil. Unter dem Motto „Zur Sache, Leipzig“ wurde über das Thema „Braucht Deutschland wirklich eine Ost-Quote?“ debattiert. Zu den hochkarätigen Gästen zählten u.a. Karola Wille (Intendantin des MDR), Politikwissenschaftler Lars Vogel und Ministerpräsident Reiner Haseloff. Über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Leipzig und Umgebung debattierten über Ost-Eliten, Ost-West-Unterschiede und nötige Angleichungsprozesse.
Ministerpräsident Haseloff stellte sich in der Runde als Stimme Ostdeutschlands vor und lobte sich selbst für seinen Einsatz für Ostdeutsche. Das hat mich ziemlich geärgert. Zum einen ist mir Haseloffs Wirken für Ostdeutschland erstmals im Bundestagswahlkampf 2016 aufgefallen, obwohl er schon seit 2002 in politisch verantwortlichen Positionen (Staatssekretär und Minister) tätig ist. Zum anderen finde ich es sehr schwierig, sich für seinen Einsatz für ostdeutsche Führungskräfte zu loben aber im eigenen Kabinett von zehn Ministerinnen und Ministern nur drei Ostdeutsche zu haben. In der vergangenen Legislatur waren es übrigens fünf.
Wenige Tage vor der Veranstaltung in Leipzig gab es einen Beitrag in der Mitteldeutschen Zeitung, in dem über den Anteil Ostdeutscher Führungskräfte in der Bundestagsverwaltung berichtet wurde. Ein Journalist des Dumont-Verlages hatte eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt und die Antwort bekommen, dass es keine Ostdeutschen unter den Abteilungsleitern im Bundestag gibt, bei den Unterabteilungsleitern sei von 14 Stellen nur eine ostdeutsche Führungskraft, von 101 Referats-, Fachbereichs- und Sekretariatsleitungen hätten vier einen ostdeutschen Hintergrund. Es ist anzunehmen, dass es in den anderen Bundesbehörden ähnlich aussieht.
Aber wie ist es denn bei uns in Sachsen-Anhalt? Um das heraus zu finden, haben meine Kollegin Eva von Angern und ich eine Kleine Anfrage gestellt, die sich mit ostdeutschen Führungskräften in der Landesverwaltung beschäftigt. Wir möchten den Anteil ostdeutscher in der Ministerialverwaltung, bei Gesellschaften mit Landesbeteiligung, beim Landesrechnungshof, bei Landesbeauftragten, an Hochschulen, Universitätsklinika, Gerichten und bei der Investitionsbank wissen. Außerdem soll uns die Landesregierung berichten, was sie bisher getan hat, um den Anteil Ostdeutscher in Führungspositionen zu erhöhen.
Die Beantwortung der Fragen wird viel Arbeit verursachen und wenig Begeisterung in der Verwaltung hervor rufen. Wenn wir jedoch an der Situation etwas ändern und uns wirkungsvoll für einen höheren Anteil Ostdeutscher in Führungspositionen einsetzen wollen, brauchen wir konkrete Daten. Momentan habe ich nur Vermutungen. Ob es am Ende eine Forderung nach einer Ostquote wird oder ob es andere Möglichkeiten gibt, Ostdeutscheals Verantwortungsträger in der Landesverwaltung zu stärken, wird zu diskutieren sein…