Die Haushaltsverhandlungen hatten im Dezember ruhig und strukturiert begonnen, nun sind sie mit einer Vollbremsung geendet. Aber von vorn: Ja, der Haushalt kam viel zu spät, das kann man nicht oft genug sagen. Es war die späteste Haushaltseinbringung seit dem Jahr 1992. Dem Parlament war es unmöglich, den Haushalt noch vor Beginn des Jahres 2020 zu verabschieden.

Wir gingen im Januar also zügig ans Werk, tagten mehrfach pro Woche, nahmen an Fachausschusssitzungen teil, machten uns Gedanken, planten Alternativvorschläge, suchten Geld für unsere Ideen, hinterfragten die Einzelpläne der Ministerien, lasen uns durch über 1000 Seiten plus Vorlagen, Antworten und Kleinen Anfragen. Wir diskutierten mit den Ministerinnen und Ministern, befragten die Haushaltsbeauftragten, kritisierten die Koalition.

Und wir kamen mit neuen und nötigen Vorschlägen: Eine Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände (Städte- und Gemeindebund und Landkreistag), wie es sonst bei allen Gesetzesvorhaben gemacht wird, die die kommunale Ebene berührt. Das ist in der Geschäftsordnung des Landtages festgelegt, wurde bei der Erarbeitung des Haushaltsgesetzes bisher aber nicht praktiziert. Das haben wir geändert und die Spitzenverbände angehört.

Alle Einzelpläne mit Notizen, Klebezetteln und Änderungsanträgen nach der Bereinigungssitzung

Wir forderten außerdem, dass es mehr Geld für Schutzanzüge in Gesundheitsämtern geben soll. Wir forderten eine Erhöhung des Postens um 10.000 Euro für 2020 und 2021. Das war, bevor uns Corona erreichte.

Wie dringend und sinnvoll diese Forderung war, stellte sich erst in den letzten Tagen der Haushaltsverhandlungen heraus. Die Koalition schaffte in der Bereinigungssitzung neue Titel zur Corona-Vorsorge und hat 4 Millionen Euro für Schutzanzüge, Atemmasken und weitere Materialien zum Schutz eingeplant. Da soll mal jemand sagen, die Opposition fordet immer mehr Geld. Mit unseren 10.000 Euro kamen wir ja mehr als bescheiden daher.

Viele andere gute Vorschläge, die wir gemacht haben, wurden von der Koalition gar nicht erst debattiert. Weder im Bereich der Krankenhäuser, noch bei den Schulsozialarbeitern, bei Lehrern, bei den Straßenausbaubeiträgen oder beim Azubiticket.

In den vergangenen beiden Haushaltsverhandlungen hatte uns die Koalition vorgeworfen, dass wir unsere Änderungsanträge zu spät, nämlich erst zur Bereinigungssitzung brachten und sie damit kaum noch diskutiert werden konnten. Diese Kritik haben wir ernst genommen und unsere Vorschläge nun bei den jeweiligen Einzelplänen angebracht. Und was macht die Koalition? Bringt alle ihre relevanten Änderungen für die oben beschrieben großen Knackpunkte erst in der Bereinigungssitzung. Damit hatten diesmal wir keine Chance mehr, uns zu den Vorschlägen im Bereich der Krankenhäuser, der Lehrer etc. zu verhalten, uns mit Fachpolitikern abzustimmen oder uns weitere Informationen zu besorgen.

Nachdem uns die Corona-Welle eingeholt hatte, musste dann alles sehr schnell gehen: Eine vorgezogene Landtagssitzung nur zur Verabschiedung des Haushalts wurde für den 20. März geplant. Clou dabei: Die wichtige und sonst stundenlange Haushaltsdebatte sollte komplett ohne Reden auskommen. Das Königsrecht des Landtages wurde auf reines Händeheben beschränkt. Der Koalition war es wohl recht. Mich ließ dieses Vorgehen sprach- und trostlos zurück.

All die Monate an Arbeit, die wir in diesen Haushalt gesteckt hatten, die langen Sitzungen, die manchmal sehr kurzen Nächte, die vielen Vor- und Nachbereitungen waren komplett umsonst. Nicht mal das Rederecht wurde uns gelassen. Die Demokratie in diesem Land hatte schon bessere Tage. Viel bessere.