Neben den drei Ausschutzsitzungen und dem dreitägigen Plenum kam in dieser Woche überraschenderweise auch noch die Interimssteuerschätzung vom Bund. Diese war eigentlich für kommende Woche angekündigt, wurde aber vorgezogen. Mal gut, dass wir sonst nicht so viel zu tun hatten. Natürlich werteten wir die Daten der Steuerschätzung aus und äußerten uns öffentlich dazu. Für uns ist klar, dass es im Jahr 2021 einen Nachtragshaushalt geben muss.

Ein möglicher Nachtragshaushalt war auch in der gemeinsamen Sitzung von Landwirtschafts-, Umwelt-, und Finanzausschuss Thema. Durch die Corona-Pandemie wird Sachsen-Anhalt ab 2021 mehr EU-Förderung bekommen. Da diese immer mit Landesmitteln gegenfinanziert werden muss, sind die Haushaltsansätze um einige Millionen Euro anzuheben.

Grundlage für unsere Diskussion in der gemeinsamen Sitzung war ein Kabinettsbeschluss aus dem Februar dieses Jahres, in dem die grobe Linie für die kommende Förderperiode skizziert wurde. Erstaunlich fand ich, dass die zahlreich erschienenen Herren aus Hausspitzen (Umwelt- und Finanzministerium) und Verwaltung offenbar schlecht vorbereitet waren. Meine Fragen wurden nur sehr oberflächlich oder gar nicht beantwortet, dafür erklärte man alles, was man schon zum Beginn der Sitzung gesagt hatte, noch mal. Das hatte ich schon beim ersten Mal verstanden, daher meine daran anknüpfenden Fragen. Vielleicht fiel es den Herren schwer, zuzugeben, dass sie die Antworten nicht wussten, daher erzählten sie alles doppelt. So viel Mansplaining hatte ich noch nie.

Insgesamt fand ich diese extra von der CDU beantragte Sitzung inhaltlich überraschend dünn. Es ist so, wie immer: Das Parlament wird beim Thema EU-Mittel als letztes informiert. Der Begleitausschuss zu den EU-Fonds, der u.a. aus Wirtschafts- und Sozialpartnern besteht, bekommt ein ganzes Portfolio an Informationen, dem Parlament gibt man jedoch lediglich eine dreizehn Folien starke Power-Point-Präsentation.

Letztendlich sind es aber die Parlamentarier, die über den Haushalt abstimmen, nicht der Begleitausschuss. Und der Kabinettbeschluss aus dem Februar ist auch schon ein halbes Jahr alt, daher wäre ein aktueller Stand ganz nett gewesen.

Da die Herren meine Fragen gar nicht oder nur sehr oberflächlich beantworteten und auch sonst das Interesse der anderen Parlamentarier relativ gering war, bot ich an, meine restlichen Fragen schriftlich einzureichen.

Die zweite Finanzausschusssitzung in dieser Woche befasste sich mit einem Beratervertrag im Bereich des Verkehrsministeriums. Die Volksstimme berichtete ausführlich darüber. Um den Ausschuss vorzubereiten, war es nötig, Unterlagen aus der vergangenen Legislatur einzusehen. Und an der Stelle wurde es richtig spannend.

Ich wollte mir die Niederschrift einer Sitzung des Verkehrsausschusses aus dem Jahr 2015 anschauen. Da die Sitzung damals vertraulich war, ist die Niederschrift nicht, wie bei allen anderen Niederschriften, im Intranet einsehbar, sondern in der Geheimschutzstelle hinterlegt. Ohne es zu ahnen, sorgte ich mit meiner Bitte, das Protokoll einzusehen, für einigen Wirbel in der Verwaltung. Wie mir später berichtet wurde, beschäftigten sich fünf Kollegen mit dem Fall. In der Geschäftsordnung ist nämlich geregelt, dass vertrauliche Unterlagen nur von den Fachausschussmitgliedern eingesehen werden dürfen, nicht aber von Mitgliedern eines anderen Ausschusses.

Um mir trotzdem Gelegenheit zu geben, die Unterlagen einzusehen, wurden sogar Landtagsdirektor und Präsidentin mit einbezogen. Offenbar gab es in den vergangenen Jahren noch keinen Fall, in dem eine Abgeordnete vertrauliche Unterlagen eines anderen Ausschusses aus einer vorherigen Legislatur einsehen wollte, daher musste man sich zum konkreten Vorgehen abstimmen. Verrückt.

Aber wie gewohnt hat die Verwaltung eine Lösung gefunden und ich durfte die Niederschrift in der Geheimschutzstelle einsehen. Merkposten für die nächste Parlamentsreform: Geschäftsordnung ändern. (-;

 

*Mansplaining bezeichnet herablassende Erklärungen eines Mannes, der fälschlicherweise davon ausgeht, er wisse mehr über den Gesprächsgegenstand als die – meist weibliche – Person, mit der er spricht. Der Begriff benennt die Machtasymmetrien in der Kommunikation zwischen Männern und Frauen. Die Wortneuschöpfung entstand bei der Reflexion kommunikativer Machtausübung durch Männer.