Wer im Politikbetrieb tätig ist, muss sich jeden Tag auf Stress, Druck, Chaos und neue Herausforderungen einstellen. Der morgendliche Blick in die Zeitung(en) hilft, einen Überblick zu bekommen, was anstehen könnte. Gibt es ein Titelthema, was für den eigenen Wirkungsbereich relevant ist? Gab es über Nacht Ereignisse, die im Landtag thematisiert werden müssen, sollten wir uns zu einem Vorgang äußern?

Manchmal muss man dann schon um 8 Uhr bereit sein, die eigene Fraktion oder die Presse zu informieren oder bestimmte Themen zu kommentieren. Manchmal kündigt sich ein außergewöhnlicher Tag auch schon Wochen vorher an. Der vergangene Mittwoch war genau so ein Tag.

Der geplante Finanzausschuss hielt 26 Tagesordnungspunkte für uns bereit. Wir mussten uns also auf 26 verschiedene Themen wie Baumaßnahmen an den Unikliniken, Herauslösung der Investitionsbank aus der NORD/LB, eine Änderung des Kirchensteuergesetzes, den Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten und die Auswirkungen der Interimssteuerschätzung vorbereiten.

Aber damit noch nicht genug. Während der Sitzung passierten so viele unvorhergesehene Dinge, dass der Tag eigentlich für eine ganze Woche ausgereicht hätte.

Wir hatten plötzlich und unerwartet zwei Staatssekretäre unter dem Tagesordnungspunkt “Verschiedenes” ganz am Ende der Sitzung zu Besuch. Ohne Voranmeldung und ohne, dass uns Unterlagen zum zu besprechenden Themen vorgelegt wurden. Wir debattierten dann anderthalb Stunden erst über das Azubiticket und dann über Sicherungsmaßnahmen für jüdische Gemeinden und ein dafür notwendiges Gesetz. Dazu kam noch eine fast halbstündige Auszeit der Koalition, weil man selbst überrascht von der plötzlich eingebrachten Gesetzesinitiative war.

Während des Finanzausschusses erreichte mich dann die Nachricht, dass es eine Entscheidung in der Konkurrentenklage bezüglich der Hausberufung an der Uni Halle gab. Wir hatten das Thema ja sogar im Wissenschaftsausschuss diskutiert. Der Kläger hat nun Recht bekommen und die Besetzung der Stelle kann so nicht durchgeführt werden. Das ist großartig! Ich freue mich sehr, dass er gewonnen hat und sich unser monatelanges Engagement in dem Fall gelohnt hat.

Und der parallel tagende Sozialausschuss fasste nach einer Auszeit der Koalition endlich einen Beschluss zu meinem Antrag Jugendarbeit in der Corona-Pandemie. Der ist allerdings so irre, dass ich in der Mittagspause erst mal zum Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gehen musste, um zu erfragen, ob das so überhaupt möglich ist. Die Koalition hat nämlich einen Beschluss gefasst, der inhaltlich fast gar nichts mit dem Antrag zu tun hat. Vergleichbar wäre es, wenn ich gefordert hätte, dass wir ein blaues Auto brauchen und der Sozialausschuss beschließt, wir bilden mehr Fahrlehrer aus. Es war nicht zu fassen.

Als wir 19:15 Uhr dann endlich den Sitzungsraum verließen, melden sich schon die ersten Journalisten, die Fragen zu etlichen Themen hatten…