Mit der Parlamentsreform vor gut einem Jahr haben die Abgeordneten ein neues Recht bekommen. In Artikel 53, Absatz 2a des Landesverfassung steht nun:
Jedem Mitglied des Landtages ist Zugang zu öffentlichen Einrichtungen zu gewähren. Diese haben ihm auf Verlangen Auskünfte zu erteilen und Akten vorzulegen. Das Verlangen ist an die Landesregierung zu richten. Die Auskunftserteilung und die Aktenvorlage müssen unverzüglich und vollständig erfolgen.
Bisher konnten wir Akten nur einsehen, wenn die Mehrheit eines Ausschusses eine Aktenvorlage beschlossen hat. Diese Akten wurden dann für uns zusammengestellt und in den Landtag gebracht. Jetzt darf jedes Mitglied des Landtages diese direkt in den Ministerien einsehen.
Vor einigen Monaten habe ich diese Möglichkeit erstmals in Anspruch genommen und eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Sozialministerium eingesehen.
Nun wollte ich aufgrund meiner Kleinen Anfrage Akten zu Nebentätigkeiten von Beamten und Tarifbeschäftigten einsehen. Mir ging es speziell um die Nebentätigkeiten, die auf Veranlassung des Dienstherren ausgeübt werden und für die eine Vergütung, Aufwandsentschädigung oder Ähnliches gezahlt werden. Das sind beispielsweise Mitgliedschaften in Gremien wie im Lotto-Beirat, in Ausschüssen der NORD/LB oder beim Rundfunkrat des MDR. Laut Antwort der Landesregierung sind 35 Personen in solchen Gremien tätig. Spannend ist, was mit den ausgezahlten Geldern passiert. Dürfen die Mitarbeiter der Ministerien die Vergütungen und Sitzungsgelder behalten oder müssen sie das Geld an die Landeskasse abgeführt werden?
Der Umgang mit Nebentätigkeiten von Beamten wird im Bundes- und Landesbeamtengesetz, in einer Nebentätigkeitverordnung, in Merkblättern der Verwaltung und mindestens einem Schnellbrief als eine Art Handlunsgempfehlung des Finanzministeriums geregelt. Ich besorgte mir also Gesetze und Verordnung (die anderen Dinge sind dem Landtag nur auf Verlangen vorzulegen), schaute in Kommentare und sammelte im Internet weitere Informationen aus anderen Bundesländern. Da meine Fragen zum Thema dadurch eher mehr als weniger wurden, wandte ich mich an einen der Kommentatoren des Bundesbeamtengesetzes. Professor Dr. Max-Emanuel Geis von der Uni Erlangen-Nürnberg hatte den entsprechende Paragrafen im Bundesbeamtengesetz und in der Bundesnebentätigkeitsverordnung kommentiert und nahm sich netterweise Zeit, meine Fragen am Telefon zu beantworten.
Die Erkenntis aus der Recherche: In der Regel muss das Geld ans Land abgeführt werden. Aber die Informationen, in wie vielen Fällen Geld in welcher Höhe ans Land abgeführt wird, landete (für mich unverständlich) in der Geheimschutzstelle des Landtages. Wie viel Geld da im Spiel ist, ist daher geheim. Allerdings wird nur in zwei der 35 Fälle tatsächlich Geld ans Land abgeführt. Das kam mir komisch vor. Ich beantragte also eine Akteneinsicht für fünf Fälle (darunter die beiden, die ihr Geld abführen). Außerdem bat ich die Landtagspräsidentin schriftlich darum, bei der Landesregierung eine Veröffentlichung der Daten in der Geheimschutzstelle zu bewirken.
Das Finanzministerium sagte mir allerdings, dass ich vier Wochen warten müsse, bis ich die Akten einsehen könne, da man noch Unterlagen von den anderen Ministerien besorgen müsse. Die fünf Personen, von denen ich Akten einsehen wollte, sind im Finanz-, Sozial-, Innenministerium und in der Staatskanzlei beschäftigt. In der Verfassung steht zwar, dass die Akten “unverzüglich” vorgelegt werden sollen, da das Finanzministerium aber offenbar die Akten der fünf Ministerien zusammenführte, nahm ich die Wartedauer von vier Wochen hin.
Am Tag der Akteneinsicht musste ich jedoch feststellen, dass nur die Staatskanzlei umfänglich (aber leider auch unvollständig) Akten vorgelegt hatte. Bei allen anderen Häusern lag fast nur Mailverkehr vor. Das ärgerte mich sehr, denn ich hatte schriftlich genau angegeben, welche Unterlagen ich sehen wollte. Fast nichts davon lag vor. Nicht mal das Finanzministerium hatte für die beiden betreffenden Beschäftigten seines Hauses die Unterlagen herausgesucht.
Ärgerlich. Die für die Aktenvorlage zuständige Referatsleiterin erklärte die lückenhaften Unterlagen damit, dass sie gar nicht wisse, was ich mit den Akten wolle. Ich müsse mir die konkreten Akten in den jeweiligen Ministerien ansehen. Da fiel es doch recht schwer, ruhig zu bleiben. Ich hatte also vier Wochen gewartet, um unvollständige Akten einzusehen, die so nichts nützen und sollte nun trotzdem jedes Ministerium einzeln anschreiben. Das wäre auch schon vor vier Wochen möglich gewesen. So habe ich Zeit verloren und weiß nicht, ob ich vor Ende der Legislatur noch Klarheit erlangen und vielleicht eine Initiative dazu starten kann.
Das Recht auf Akteneinsicht ist noch ziemlich neu, die Ministerien haben noch nicht viel Erfahrung damit. Trotzdem hätte die Landesverwaltung bei Fragen oder Änderungen vorher mit mir reden können. Ärgerlich, dass es in diesem Fall so schlecht gelaufen ist.
Ich habe mich an den Finanzminister persönlich gewandt, um die Akteneinsicht doch noch umfassend in Anspruch nehmen zu können. Die anderen Ministerien muss ich nun auch noch anschreiben.