06.03.2019 | Fachpolitik, Im Landtag
Morgen wir die Flexibilität der Finanzpolitiker des Landtages auf eine harte Probe gestellt. Wir haben zwei Sitzungen an einem Tag geplant. Von 10 Uhr bis ca. 13 Uhr wird es eine weitere Sonderfinanzausschusssitzung zur NORD/LB gehen. Dort sind neben Hinrich Holm von der Bank auch zwei Sparkassenvertreter zu Gast. Ich bin gespannt, ob uns deren Expertise in der Bankenkrisen-Eierei des Landes weiterbringt. Die Medien haben auf jeden Fall großes Interesse am Thema und rufen fast täglich mit Nachfragen zum aktuellen Stand der Bankenrettung an.
Ab 14 Uhr tagt dann der Rechnungsprüfungsausschuss. Der hat ausgerechnet dieses Mal eine sehr umfängliche Tagesordnung mit 17 Punkten. Wenn es gut läuft, sind wir gegen 20 Uhr fertig. Bei den durchaus interessanten Themen (und meinen umfänglichen Fragen dazu) kann es aber auch länger dauern.
Zu dieser Sitzung haben wir die Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt bezüglich einer Prüfung des Landesrechnungshofes zu Gast, außerdem beschäftigen wir uns mit den immer maroder werdenden Brücken im Land, mit Suchtberatungsstellen, mit der seit vielen Jahren überfälligen Fördermitteldatenbank, mit diversen kritischen Bauvorhaben und der IBG-Affäre. Das ist ein lustiger Mix an Verfehlungen der Landesregierung und Landesverwaltung, die wir mit Fragen, Forderungen und politischem Druck bereinigen und zukünftig verhindern wollen.
02.03.2019 | Im Landtag
Eine interessante und anstrengende Landtagssitzung liegt hinter uns. Neben dem bereits angekündigten Paritè-Gesetz haben wir über Landverkäufe, NORD/LB, Hebammen, Ostdeutsche Führungskräfte, Grundrechte, Brexit und Azubi-Tickets debattiert.
Unser Gesetzentwurf zum Paritè-Gesetz wurde übrigens nach kontroverser Diskussion in die zuständigen Ausschüsse überwiesen und wird dort weiter behandelt.
Wie erwartet, war auch die Diskussion um unseren Antrag “Anteil ostdeutscher Führungskräfte erhöhen” von einer hitzigen Debatte geprägt. Wir hatten den Antrag bereits im Finanzausschuss und haben ihn nun zur abschließenden Beratung wieder an das Plenum übergeben. In der 3-Minuten-Debatte war leider kaum Zeit, noch mal ernsthaft zu diskutieren, daher habe ich keine großen Hoffnungen in diese Diskussion gesetzt. Stattdessen habe ich das Thema genutzt, um ein kleines Redeexperiment durchzuführen. Ich habe diesmal keine Rede geschrieben, sondern lediglich wenige Stichpunkte formuliert. Ziel war es, so frei wie möglich zu sprechen. Ich denke, das freie Sprechen ist ganz gut gelungen, nur an der Redegeschwindigkeit muss ich noch arbeiten. Ich lasse mich von der Zeitvorgabe am Rednerpult zu sehr unter Druck setzen.
Viel Druck abgefallen ist nach meiner Rede zum Antrag “Beteiligung des Haushaltsgesetzgebers bei der Verteilung von EU-Mitteln“. Mein Plan ist tatsächlich aufgegangen. Die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen haben die Relevanz des Antrages für die Arbeit des Parlaments verstanden und den Antrag in den Finanzausschuss (federführend) und in den Europaausschuss (mitberatend) überwiesen. Leider sieht man bei den Redebeiträgen nur den Redner und nicht, was sich im Plenarsaal abspielt, daher wird die Stimmung vor Ort gar nicht richtig deutlich. Ich sah in vielen Reihen Nicken und stille Zustimmung.
Erstaunlich war, dass der Finanzminister eine überraschend flache Rede hielt und sogar eine kritische Nachfrage aus der eigenen Fraktion bekam. Ich glaube, dass ich in diesem Fall ausnahmsweise tiefer im Thema steckte als der Minister (und das, obwohl ich kein Ministerium im Rücken habe).
Florian Philipp aus der CDU-Fraktion, Olaf Meister von den Grünen und Andreas Schmidt von der SPD stimmten unserem Anliegen grundsätzlich zu und möchten die Beteiligung des Parlaments bei der Verteilung von EU-Mitteln optimieren. Ich freue mich sehr über diesen Etappensieg und setze meine Hoffnungen in die Diskussion im Finanzausschuss. Sollten wir tatsächlich bessere Beteiligungsformen für den Landtag finden, hätte das Parlament ein großes Stück Souveränität (zurück)erlangt. Bis hierhin haben sich meine Bemühungen und monatelangen Vorbereitungen für diesen Antrag schon gelohnt.
27.02.2019 | Im Landtag
Oftmals beschäftigen wir uns im Landtag mit Themen, die der Normalbürger nur mit Fachwissen oder umfänglicher Recherche nachvollziehen kann. Das Personalvertretungsgesetz ist da ein Beispiel oder das Thema Dataport. In der morgigen Plenumssitzung haben wir dagegen ein Thema auf der Tagesordnug, das wohl jedem ein Begriff ist. Wir beantragen die Einführung eines Parite-Gesetzes. In dem soll die gleiche Repräsentation von Frauen und Männern in gewählten Vertretungen, in der Landesregierung und im Landesverfassungsgericht geregelt werden.

Gleicher Anteil von Männern und Frauen im Parlament? Das wär’ was!
Der Anteil der Frauen in der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt beträgt etwas mehr als 50 Prozent. Im Landtag waren es seit 1990 aber nie mehr als ein Drittel, aktuell sind es sogar nur 21,8 Prozent. Damit haben wir den geringsten Frauenanteil aller Landesparlamente. Auch im Bundestag und im Europäischen Parlament sind die Frauenanteile höher. Um den Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen, legen wir einen Gesetzentwurf zur Gewährleistung einer paritätischen Zusammensetzung der Verfassungsorgane des Landes Sachsen-Anhalt mit Frauen und Männern vor. Der Landtag von Brandenburg hat kürzlich ein solches Parité-Gesetz beschlossen. Das ist ein wahrhaft großes politisches Brötchen was wir da backen und ich bin mir ziemlich sicher, dass es diverse (vorrangig männliche) Widerstände geben wird.
Ein zweites großes oder sagen wir, für das Parlament bedeutsames Thema, ist unser Antrag mit dem Titel: “Beteiligung des Haushaltsgesetzgebers an der Verteilung von EU-Mitteln“. Bisher ist das Parlament tatsächlich ausgeschlossen bei den Milliarden EU-Mitteln die wir in den vergangenen Jahren bekommen haben. Wir dürfen keine Förderschwerpunkte festlegen, dürfen nicht über die Höhe der Mittel bestimmen, kriegen meist nicht mal zeitnah Informationen. Das muss sich dringend ändern, immerhin ist das Budgetrecht, das der Landtag ausübt, das so genannte Königsrecht des Parlaments. Nur wir können den Haushalt festlegen und beschließen. Bisher dürfen wir aber bei den EU-Mitteln lediglich die Kofinanzierungsmittel des Landes beisteuern. Ich finde, was das Parlament nicht beeinflussen kann, dafür kann das Parlament im Rahmen eines Haushaltes auch nicht Verantwortung übernehmen.
Der Antrag wird höchstwahrscheinlich am Freitag behandelt und ich bin sehr gespannt auf die Diskussion. Bei diesem Antrag habe ich, wegen der großen Bedeutung für die Rechte des Parlaments, schon Wochen vorher mit Kollegen aus der Koalition Gespräche geführt und mich mit Experten getroffen. Vielleicht bringt die langwierige Vorarbeit Erfolg. Ich habe jedenfalls gehört, dass der Antrag nicht abgelehnt, sondern in den Finanzausschuss überwiesen werden soll. Das ist schon mal ein kleiner Schritt in die richtige Richtung…
20.02.2019 | Fraktion, Im Landtag
Fast wöchentlich gibt es neue Entwicklungen rings um die NORD/LB, so auch aktuell wieder. Die Gremien, die über die Zukunft der Bank entscheiden, haben nun offensichtlich festgelegt, dass sich auch Sachsen-Anhalt finanziell beteiligen muss, um die Bank aus der Krise zu holen.
Ursächlich für den aktuellen Kapitalbedarf von 3,5 Milliarden Euro ist die Entscheidung der NORD/LB aus dem vergangenen Jahr, ausfallgefährdete Schiffskredite zum Verkauf auszuschreiben. Die Folge war die Forderungen der Bankenaufsicht nach einer Kapitalzuführung.
Dass die Verluste aus faulen Schiffskrediten Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben können, war uns von Anfang an klar, wurde jedoch vom Finanzminister Schröder selbst auf gezielte Nachfragen im Finanzausschuss bestritten. Völlig ausgeblendet hat der Finanzminister, dass neben dem Land Sachsen-Anhalt auch die Sparkassen unseres Landes Träger der NORD/LB sind. Auch für sie sind die Abschreibung der Schiffskredite ein Verlust, der letztlich zulasten der Leistungen für die Sparer und die Kommunen ausgeglichen werden muss.

Beim Neujahrsempfang mit Eva Feußner (Staatssekretärin MB), Sigfried Borgwardt (Fraktionsvorsitzender CDU), Albrecht Steinhäuser (evangelische Kirche) und etwas versteckt an der rechten Seite, Lydia Hüskens (FDP) Foto: Katja Müller
Wir müssen nun also entscheiden, ob das Land rund 200 Millionen Euro in die Bank steckt, um diese und die daran beteiligten Sparkassen zu retten. Gestern gab es bereits früh am Morgen erste Sondersitzungen der Fraktionsgremien, um unsere Positionierung zu klären und nächste Schritte zu diskutieren.
Ergebnis ist, dass wir uns gegen eine weitere finanzielle Beteiligung des Landes an der NORD/LB aussprechen. Unsere detaillierte Positionierung findet sich in der gestern veröffentlichten Pressemitteilung.
Nachdem wir gefühlt den halben Tag in Dienstberatung, Arbeitskreis und Fraktion intensiv über die NORD/LB gesprochen haben, folgte am Abend unser Neujahrsempfang im Landtag. In diesem Jahr hatten wir Bodo Ramelow zu Gast, dem es problemlos gelang, den gesamten und übervollen Saal zu unterhalten. Er ging in seiner Rede vorrangig auf ostdeutsche Belange ein, sprach über Kohle, Renten, Führungskräften und Lehrern. Das sorgte für ordentlich Gesprächsstoff bei den zahlreichen Gästen.
So ein Abend eignet sich hervorragend dazu, mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen. Besonders gefreut habe ich mich über Gespräche mit Eva Feußner (Staatssekretärin im Bildungsministerium), Lydia Hüskens (Geschäftsführerin des Studentenwerks Halle) und Petra Weiher (Senatorin im Rechnungshof). Mit diesen drei ehemaligen finanzpolitischen Sprecherinnen kann ich mich sehr gut über aktuelle Themen wie NORD/LB, Bauvorhaben und Personalprobleme austauschen. Das war nach dem sehr zähen Vormittag überaus wohltuend.
14.02.2019 | Fachpolitik, Im Landtag
Wie sehr die Haushaltsverhandlungen die fachliche Arbeit ausbremsen, habe ich im Januar nach den Verhandlungen wahrgenommen. Plötzlich war wieder Zeit, um über andere Themen nachzudenken und Kleine Anfragen zu stellen. Außerdem war vieles liegen geblieben, was nun abgearbeitet werden musste.
Heraus gekommen ist eine Fülle von Kleinen Anfragen in ganz unterschiedlichen Bereichen. Der erste Schwung von sieben Anfragen ging in Richtung Sozialministerium. Ich habe meine vierteljährliche Abfrage zum Stand der Förderungen im Kinder- und Jugendbereich wieder aufgenommen und auch gleich den Stand für das vergangene Jahr abgefragt. Außerdem hatte ich eine Menge Fragen zu Tätigkeitsdarstellungen und Stellenbewertungen bei Trägern der freien Jugendhilfe. In einer weiteren Kleinen Anfrage habe ich nach den Haushaltsresten aus dem Jahr 2018 im Bereich des Sozialministeriums gefragt. Laut Bericht des Finanzministeriums sind im Bereich der Kinder-, Jugend-, und Familienarbeit im vergangenen Jahr rund 1,4 Millionen Euro nicht ausgegeben worden. Ich habe u.a. gefragt, warum das so ist und wie man in diesem Haushaltsjahr agieren will.

Mal schauen, ob eine Kleine Anfrage ins Schwarze trifft…
Gemeinsam mit meinem Kollegen Stefan Gebhardt ist eine Kleine Anfrage zur Israel-Reise des Kulturstaatssekretärs entstanden. Gunnar Schellenberger ist uns noch von der Geschichte rund um den dicken 7er BMW bekannt. Auch bei der Dienstreise nach Israel scheint uns nicht alles ganz nach Vorschrift verlaufen zu sein. Daher haben wir einige Fragen zu seiner Reise und den Rahmenbedingungen gestellt.
Wie in den Haushaltsverhandlungen angekündigt, wollen wir uns in diesem Jahr auch mit dem Landestourismusverband beschäftigen. Diese hatte auf Drängen der CDU-Fraktion eine Vervierfachung seiner institutionellen Förderung plus Projektförderung für das Jahr 2019 erhalten. Laut Wirtschaftsministerium ist ein solcher Fall in den vergangenen zehn Jahren nicht bekannt. Unser Tourismuspolitischer Sprecher Wulf Gallert und ich hatten dazu schon im Dezember eine Anfrage gestellt. Auf Grundlage der Antwort sind uns jetzt noch weitere Fragen eingefallen.
Die für mich bisher aufwendigste und langwierigste Anfrage ist die zur Anwendung des Artikels 36 Grundgesetz in Sachsen-Anhalt. Was verbirgt sich dahinter? Artikel 36 GG besagt, dass bei obersten Bundesbehörden Beamte aus allen Ländern in
angemessenem Verhältnis zu verwenden sind. Übersetzt heißt das, Sachsen-Anhalt kann Beamte in Bundesbehörden abordnen / versetzen /entsenden, um die eigenen Interessen und die Eigenheiten Sachsen-Anhalts im Bund vertreten zu wissen. Gekommen bin ich auf diesen Artikel im Rahmen meines Antrags über ostdeutsche Führungskräfte in Landesbehörden, den wir im November im Plenum diskutiert haben. Der fachlich zuständige Kollege von der CDU und auch der Finanzminister wiesen in ihrer Rede auf den Artikel 36 hin. Wenn man sich nun genauer mit diesem Artikel beschäftigt und sich einige Gesetzeskommentare durchliest, kommt man schnell zur Erkenntnis, dass dieser Artikel quasi eine Art Quotenregelung für die Länder ist. Von da ist es nicht mehr weit zu einer Regelung für Ostdeutsche.
Unsere Bundestagsfraktion hatte Ende 2018 ein Gutachten im Bundestag in Auftrag gegeben, dass sich auch mit dem Thema beschäftigt und prima in meine Argumentation passte. Das ist alles wirklich spannend! Nach etlichen Wochen Recherche, der Lektüre diverser Grundgesetz-Kommentare und Fachbücher (die in der tollen Landtagsbibliothek extra für mich bestellt wurden) und Gesprächen mit Verwaltungsexperten ist nun eine sehr umfangreiche und tiefgehende Anfrage herausgekommen. Auf diese Anfrage bin ich ein bisschen stolz und hoffe, dass die Landesregierung die Beantwortung ernst nimmt.
Fragen gestellt habe ich außerdem zur Geschäftsprüfung im Landesverwaltungsamt und gemeinsam mit meinem Kollegen Swen Knöchel zur Verwendung von Juristinnen und Juristen im Landesdienst. Auch dem Thema Landverkäufe in Sachsen-Anhalt haben wir uns, wie in meiner Haushaltsrede im Dezember versprochen, nun gewidmet.
Warum Abgeordnete Kleine Anfragen stellen und was aus den Antworten wird, erklärt ein Beitrag der Volksstimme.
11.02.2019 | Im Landtag
Das Landtagsgebäude ist ein für jeden Bürger und jede Bürgerin offenes Haus. Wer möchte, kann hier eine Führung anfragen oder an einer Plenarsitzung teilnehmen. Man kann in der Landtagskantine Mittag essen, die Bibliothek nutzen oder sich die regelmäßig wechselnden Ausstellungen ansehen. Wer großes politisches Interesse hat, kann auch an den öffentlich tagenden Untersuchungsausschüssen teilnehmen.
Um als Besucher in das Landtagsgebäude zu gelangen, muss man sich am Haupteingang an der Pforte anmelden. Entweder mit dem Personalausweis oder über einen Abgeordneten, der den Besucher dann am Eingang abholt. Es herrscht ein permanenter Besucherstrom im Haus. Ich finde das sehr schön, da im Landtag wichtige Entscheidungen getroffen werden, oftmals aber nur Halbwissen über die konkrete Arbeit im Parlament herrscht. Interessierten Menschen sollte das Haus daher offen stehen.
In der aktuellen Legislaturperiode hat sich im Landtag jedoch einiges zum Schlechteren gewandelt. Das Gebäude wird mehr und mehr abgeschottet. Seit 2016 gibt es zu jeder Landtagssitzung am Eingang eine Sicherheitsschleuse (wie am Flughafen), die Besucher passieren müssen. Außerdem werden die Taschen kontrolliert. Fanden früher oft parlamentarische Begegnungen im Landtag statt und konnten sich externe Institutionen für ihre Veranstaltungen (z.B. am Wochenende) einmieten, ist dies seit dieser Legislatur untersagt.
In der Hausordnung des Landtages sind außerdem Regelungen für die Gestaltung von Türen und Fluren, für das Verhalten im Haus und im Plenarsaal festgelegt. Auch in diesen Bereichen gab es Veränderungen. Laut Hausordnung dürfen beispielsweise Plakate, Bilder, Fotos oder Spruchbänder mit denen Einfluss auf den politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess genommen werden kann oder soll, nicht in den Landtag gebracht und gezeigt werden. Nur in den sogenannten Fraktionsfluren ist das erlaubt. Das sind die Flure, in denen die Fraktionen ihre Geschäftsstellen haben. Das steht schon länger in der Hausordnung des Landtages, wurde nun aber vom Ältestenrat anlassbezogen diskutiert und die Einhaltung der Regelung mehrfach kontrolliert.

Diese Türdekoration gehört bald der Vergangenheit an, denn sie ist laut § 18 der Hausordnung des Landtages nicht erlaubt
Ich habe mein Büro im C-Flügel, der genau auf der gegenüberliegenden Seite des Haupteinganges liegt. Der Flur ist eine Sackgasse, außerdem befinden sich hier nur Büros von Abgeordneten und Mitarbeitern meiner Fraktion. Gäste oder Besucher kommen, wenn, dann nur aufgrund unserer Einladung vorbei. Einige von uns haben auch hier ihre Türen mit Plakaten und Postkarten dekoriert.
An meiner Tür befindet sich eine Seite aus der ZEIT, eine Karikatur über Theresa May und Jean-Claude Juncker zum EU-Austritt Großbritanniens, ein Holzmagnet in Form eines Fuchses und ein Magnet mit der Aufschrift “Volkseigentum – Eigenmächtige Entnahme von Material verboten”. Außerdem klebt seit einiger Zeit ein Zettel eines anonymen Verfassers über dem ZEIT-Artikel auf dem steht: “Need help! Has anyone seen my cat? Please contact me! D. Trump”.
Unsere Mitglieder im Ältestenrat wurden nun darauf hingewiesen, dass diese Dinge zu entfernen sind. Auslöser für die Aufforderung war wohl eine Türdekoration an einem Büro der AfD. Bereits im Jahr 2016 gab es eine solche Aufforderung. Damals gab es Beschwerden wegen eines Aufklebers an der Tür vom AfD-Abgeordneten Lehmann. Er hatte dort ein Straßenschild für die Straße “Merkelmussweg” zu kleben. Um die Anbringung dieses Aufklebers zukünftig zu unterbinden, darf nun niemand mehr die Türen dekorieren (mit Ausnahme der Fraktionsflure), unabhängig davon, was die angebrachten Aufkleber, Plakate oder Zeitungsausschnitte aussagen.
Doch damit nicht genug: Kürzlich hat der Ältestenrat eine weitere Beschränkung für die Abgeordneten festgelegt: Die Schriftführerinnen und Schriftführer, die an der Seite der Präsidentin durch die Landtagssitzung führen, dürfen ab sofort “während Ihrer Amtsausübung als Schriftführer keinerlei nonverbale Kennzeichnung” tragen. Tja, fragt sich der geneigte Leser vielleicht, was könnte damit gemeint sein? Bisher wurde uns lediglich eine neutrale Amtsführung und ein möglichst ausdrucksloses Gesicht während der Arbeit als Schriftführer auferlegt. Nun dürfen wir keine Buttons, Anstecker oder Oberteile mit Aufschrift tragen. Ausschlaggebend dafür war die AfD, die Anstecker in Form einer Kornblume trug und meine Fraktion, die rote Schleifen (auch Aids-Schleifen genannt) trug. Diese dürfen zwar im Plenarsaal und während einer Rede am Pult getragen werden, nicht aber im Präsidium.
Da ich die zunehmende Abschottung des Landtages und die Beschränkungen innerhalb des Hauses schon länger kritisch beobachte, habe ich meine Tür-Deko trotz Aufforderung durch den Fraktionsvorstand und eines Gesprächs mit dem Fraktionsvorsitzenden bisher nicht entfernt, denn ich finde die Regelung sinnfrei. In Fraktionsfluren durch die Besucher, Abgeordnete und auch Landesbedienstete gehen, darf politische Werbung gemacht werden. In anderen, quasi nicht öffentlichen Bereichen darf hingegen nicht mal eine Postkarte mit einem Kuchen drauf oder ein Magnet in Form eines Fuchses kleben. Außerdem schließt die Hausordnung ja unpolitische Dekorationen oder Kunst gar nicht aus. Beeinflusst eine Katze, die aussieht wie ein amerikanischer Politiker die Willens- und Meinungsbildung, wie es in der Hausordnug steht? Und richtet man sich wirklich “offenkundig an die Öffentlichkeit”, wenn man ein Plakat an der Tür zum Flur geklebt hat?
Auch das Verbot der nonverbalen Kennzeichnung finde ich in seiner Ausschließlichkeit hinterfragenswert (Was ist mit Broschen in Form von Pippi Langstrumpf? Muss ich meinen Pullover ausziehen, wenn es die Präsidentin will? Und falls ja, ist das im Plenum dann eine Erregung öffentichen Ärgernisses?). Es passt jedenfalls in die Beschränkungen der vergangenen Jahre. Um die Grenzüberschreitungen einer Fraktion zu unterbinden, werden alle Fraktionen eingeschränkt. Statt eine politische Diskussion über mögliche Gründe und Lösungen zu führen, werden Verbote für alle ausgesprochen.
Gerade der Landtag sollte doch die politische Kultur hoch halten und als Vorbild mit wehenden Fahnen voran gehen. Gerade wir sollten in der Lage sein, mit den unbequemen Seiten der Demokratie umzugehen, kreativ zu sein, Lösungen für ein faires Miteinander zu finden. Demokratie ist nicht immer einfach. Sie ist eben manchmal anstrengend, erfordert Toleranz, Mut, Überzeugung und den Willen auch ungewöhnliche Wege zu gehen. Wenn nicht mal der Landtag es schafft, in diesem Sinne zu agieren, wer denn dann?
Am Freitag kam ein Brief von der Landtagsverwaltung mit der Bitte, die Beklebungen bis zum 19. Februar zu entfernen. Notfalls müssen diese sonst durch die Landtagsverwaltung entfernt werden.