Ein schwieriges Jahr

Durch die Pandemie hat sich in diesem Jahr nicht nur das Leben im privaten und beruflichen Alltag verändert, sondern auch das Agieren der Politik. Plötzlich gab es neue Schwerpunkte, andere Themen fanden kaum Gehör, lange geplante Initiativen konnten nicht umgesetzt werden. Das Parlament wurde zeitweise in einen Ruhezustand versetzt und quasi entmachtet. Die Regierung richtete einen Pandemiestab im Sozialministerium ein und veranstaltete viele Sonderkabinettsitzungen. Glücklicherweise konnte der Finanzausschuss fast das ganze Jahr durch (teilweise 14-tägig statt vierwöchig) tagen. Andere Ausschüsse fanden digital oder gar nicht statt. Es ist fast ein Wunder, dass sich im Parlament niemand mit dem Corona-Virus infiziert hat. Ich hoffe, dass sich die Arbeit des Parlaments 2021 wieder normalisiert und den gewählten Abgeordneten die Möglichkeit gibt, ihre Posten auszufüllen.

Andere Schwerpunkte

Als Finanzer haben wir früher oder später mit fast allen Themen zu tun, denn fast jede Initiative, jedes Gesetz hat einen finanziellen Hintergrund. Meist sind wir im Finanzausschuss jedoch nur mitberatend. Wir hatten auch in diesem Jahr wieder wahnsinnig volle Tagesordnungen, selten unter 20 Themen. Bei vielen Entscheidungen geben wir nicht den Ausschlag, sondern diskutieren die finanzielle Komponente, stellen Fragen, lassen uns Hintergründe erläutern. Die wirklich großen Themen wie Azubitickets, Straßenausbaubeiträge oder Hochschulgesetze werden jedoch in den Fachausschüssen abgeräumt. Dieses Jahr brachte den Finanzern jedoch einiges mehr an Entscheidungsbefugnissen. Durch den Nachtragshaushalt aufgrund der Corona-Pandemie hatten wir in jeder Finanzausschusssitzung lange Berichterstattungen zu den Corona-Maßnahmen. Es wurde oft lange und emotional diskutiert, manchmal stellten sich die Finanzer auch über Fraktionsgrenzen hinweg gegen die Pläne der Regierung, beispielsweise, als der Staatsminister plante, einen Brief mit aktuellen Corona-Maßnahmen an alle Haushalte zu verschicken. Da diese Maßnahmen regelmäßig aktualisiert werden und so ein Brief daher für mehr Verwirrung als Klarheit gesorgt hätte, lehnte der Finanzausschuss diese Idee ab und sparte damit einen sechsstelligen Betrag ein.

Die Finanzminister

Seit Juni 2019 ist Michael Richter Finanzminister. Er löste André Schröder kurz vor der Sommerpause des Parlamentes ab. Im Jahr 2020 konnte ich miterleben, wie sich der Wechsel eines Ministers zum Abgeordneten vollzieht. Eigentlich war Andre Schröder auch als Minister schon Abgeordneter, trat als Teil der Exekutive aber so nicht wirklich in Erscheinung. Nun kam er also wieder als Abgeordneter ins Parlament. Als arbeitsmarktpolitischer Sprecher agierte Schröder seit seinem Rücktritt im Sozialausschuss. Da ich dort ja auch sitze, sahen wir uns also hin und wieder und sprachen am Rande des Ausschusses über verschiedene Themen. Wir haben nach wie vor ein respektvolles Verhältnis zueinander und ich schätze es, dass ich mich bei Finanzfragen an ihn wenden kann. André Schröder tritt im Juni bei der Landratswahl in Mansfeld-Südharz an, wird wohl also im nächsten Parlament nicht dabei sein.

Sein Nachfolger als Minister, Michael Richter, der vorher über viele Jahre Staatssekretär im Finanzministerium war, hat in seiner Amtszeit eine (mindestens) finanzielle Krise des Landes zu managen. Sicher hat er sich das bei seinem Antritt vergangenes Jahr anders vorgestellt. Dass er Anfang September einen Herzinfarkt erlitt, tut mir sehr Leid. Es zeigt vor allem, wie hoch der Druck in diesem Posten und in der aktuellen Situation ist. Nun hat Michael Richter seit der Abberufung des Innenministers auch noch das Innenministerium übernommen; das mindert zweifelsfrei das gesundheitliche Risiko nicht. Es ist schwer einzuhalten, aber trotz aller Macht und Verantwortung in der Politik sollte doch die eigene Gesundheit immer vor gehen. Der für viele überraschende Suizid der hessischen Finanzministers Thomas Schäfer zeigt, wie oft Politiker in verantwortungsvollen Positionen über gesundheitliche und psychische Grenzen hinaus gehen – manchmal mit fatalen Folgen.

Wahl am Horizont

Im Dezember zeigte sich die bevorstehende Landtagswahl immer deutlicher. Im Plenum und den Ausschüssen wurde mehr gepoltert, mehr gestritten, eben schon mit dem Wahlkampf begonnen. Die Parteien sind nun dabei, Parteitage durchzuführen und die Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl aufzustellen. In der Pandemie ist das natürlich eine ganz besondere Herausforderung.

Unser Listenparteitag findet Ende Januar in Plötzky statt. Dort wird die Liste mit den Kandidatinnen und Kandidaten gewählt, die in der nächsten Legislaturperiode für die Partei in den Landtag einziehen sollen. Die Liste wird vorher in einem ziemlich komplizierten Verfahren mit Landesvorstand und Kreisvorsitzenden erstellt und dann auf dem Parteitag vorgestellt.

Da wir in den vergangenen Wahlen nur wenig Direktmandate erlangen konnten, ist die Liste für uns besonders wichtig. Je mehr Zweitstimmen wir bei der Wahl erhalten, desto mehr Personen ziehen über die Liste in den Landtag ein.

In den jeweiligen Wahlkreisen des Landes stellen wir natürlich trotzdem Kandidatinnen und Kandidaten auf. Ich wurde Mitte Dezember von meinen Genossinnen und Genossen in der Börde für den Wahlkreis Wolmirstedt nominiert. Das war nicht ganz selbstverständlich, da es Gegenkandidaten gab und ich an der Wahlveranstaltung wegen häuslicher Quarantäne nicht teilnehmen konnte. Daher freue ich mich ganz besonders, dass ich mit 12:1:0 für meinen Wahlkreis gewählt wurde.

Welchen Platz ich auf der Liste einnehmen darf, entscheidet sich Mitte Januar. Bei der Wahl 2016 ergatterte ich den Platz 13.

Ganz nah

Wie viel sich innerhalb eines Jahres auf der Welt, im Land und im ganz persönlichen Umfeld ändern kann, haben wir in diesem Jahr schmerzvoll erfahren müssen. Das wochenlange Home-Schooling hat viele Familien vor kaum lösbare Herausforderungen gestellt. Wer Glück hatte, musste lediglich damit leben, dass Geschäfte einige Wochen nicht geöffnet hatten. Wer weniger Glück hatte, verlor seinen Job oder sah seine Existenz bedroht.

Wie schnell sich das Virus, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, bis in den engsten Kreis einschleichen kann, habe ich vor einigen Wochen am eigen Leb erfahren, als ein Familienmitglied an Corona erkrankte.  Glücklicherweise blieb es bei Fieber, Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit und nach 14 Tagen Quarantäne durften wir mit negativem Testergebnis wieder nach draußen. Andere Familien hat es viel schlimmer getroffen, sie betrauen den schmerzlichen Verlust eines geliebten Menschen und werden das kommende Jahr sicher kaum mit einer fröhlichen Stimmung beginnen. Neben den vernünftigen Corona-Maßnahmen sind die Impfungen ein wichtiger Schritt hin zu Sicherheit und Normalität.