Viel gesagt, wenig bewegt

Die von mir als so wichtig eingeschätzte Sozialausschusssitzung stellte sich als ziemlich peinlich für Regierung und Koalition heraus. Die Probleme, Missstände und Defizite, die im Kinder- und Jugendbericht und in der Evaluation des Kinder- und Jugendhilfegesetzes geschildert wurden, wurden zwar benannt, doch keine Lösungen präsentiert. Man wisse zwar, dass es Fachkräftemangel, strukturelle Probleme vor Ort und qualitativ sehr unterschiedliche Jugendhilfepläne gebe, fühle sich aber nicht genötigt, alsbald zu handeln.

Viel gequatscht, nichts gemacht: Links die Regierung, rechts die Koalition

Ich hatte den Eindruck, dass man im Jugendbereich in dieser Legislaturperiode nichts mehr unternehmen wird. Das noch ausstehende Jugendpolitische Programm wird zwar noch fertig gestellt, kann aber wohl keine Wirkung mehr für diese Legislatur entfalten.

Manchmal wünschte ich mir, dass die jungen Menschen, um die es bei solchen Diskussionen geht, sehen würden, wie wenig Interesse bei den Abgeordneten der Koalition besteht. Da wird Zeitung gelesen, am iPad gespielt, Post sortiert oder telefoniert. Und diejenigen, die sich zumindest auf die Sitzung vorbereitet haben, geben zwar Statements ab, bewegen aber nichts.

Besonders peinlich war eine Abstimmung zu unserem Antrag Jugendarbeit während der Corona-Pandemie. Die Koalition erklärte ihn für “erledigt”, da das Sozialministerium eine Richtlinie geändert hatte. Die Änderungen lagen uns jedoch weder vor, noch wurden sie vorgetragen. Außerdem kann ein Antrag nur als “erledigt” erklärt werden, wenn der Antragsteller das auch so sieht. Wir sahen das aber anders. Trotzdem wurde der Beschluss mit Mehrheit gefasst und an den Finanzausschuss überwiesen. Dieser hat ihn aber postwendend an den Sozialausschuss zurück geschickt und erwartet einen korrekten Beschluss. Nun müssen sich Sozial- und Finanzausschuss am 30. September nochmal mit diesem Antrag befassen.

Der Alternativantrag der Koalition zu unserem Antrag “Gute Arbeit in der Jugendarbeit” wurde vom Ministerium in den vergangenen 15 Monaten nicht umgesetzt. Die Koalition gab dem Ministerium daher nochmal ein halbes Jahr, also bis zum ersten Quartal 2021 Zeit, die Forderungen umzusetzen. Es geht also mit sehr großen Schritten voran.

Zusammengefasst ist es wirklich traurig, welches Bild Koalition und Sozialministerium in der Jugendpolitik abgeben. Man redet zwar viel und findet alles total wichtig, aber man tut nichts. Realistisch gesehen wird wohl auch in den verbleibenden neun Monaten dieser Legislatur wenig passieren. Ein Grund mehr für uns, dran zu bleiben.

Die wichtigste Sitzung*

Am Mittwoch kommt es zu einer Ausschusskonstellation, die ungünstiger nicht sein könnte: Sozialausschuss und Finanzausschuss tagen parallel. Als Jugend- und Finanzpolitikerin ist das ein kaum zu bewältigender Spagat.

Der Sozialausschuss plant einen großen Themenblock Kinder- und Jugendpolitik am Vormittag, an dem ich unbedingt teilnehmen möchte. Dort werden endlich der Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung und die Evaluation des Kinder- und Jugendhilfegesetzes beraten. Außerdem behandelt der Ausschuss zwei Anträge, die ich in diesem und im vergangenen Jahr gestellt habe. Einer beschäftigt sich mit den Arbeitsbedingungen in der Jugendarbeit und ein zweiter mit der Jugendarbeit während der Corona-Pandemie. So einen großen Themenblock hatten wir in dieser Legislaturperiode noch nicht, daher ist das aus meiner Sicht für die Jugendpolitik die wichtigste Sitzung der vergangenen vier Jahre. Ich bin sehr gespannt, wie sich Koalition und Ministerium zu den verschiedenen Themen verhalten.

Parallel dazu finden im Finanzausschuss Diskussionen zu Corona-Maßnahmen und Nachtragshaushalt statt. Außerdem werden drei Beraterverträge vom Umweltministerium behandelt. Einer davon hat auch medial schon hohe Wellen geschlagen. Offenbar hat das Ministerium verschiedene Fehler bei der Vergabe und Transparenz solcher Vorgänge gemacht.

Gern würde ich parallel an beiden Ausschüssen teilnehmen, weil mich alle Themen tangieren. Weil das nicht geht, habe ich darum gebeten, einige Themen im Finanzausschuss etwas nach hinten zu schieben, um daran am Nachmittag teilnehmen zu können. Letztendlich entscheidet der gesamte Ausschuss am Mittwochvormittag in meiner Abwesenheit darüber. Falls die Verschiebung nicht klappt, muss mein Kollege Swen Knöchel im Finanzausschuss allein kämpfen und meine vielen Fragen stellvertretend anbringen.

*für die Jugendpolitik

On the road again

Unsere traditionelle Sommerklausur beendete auch in diesem Jahr die sitzungsfreie Zeit des Landtages. Vom 24. zum 25. August verbrachten wir zwei intensive und vollgepackte Tage in Wörlitz, diskutierten über die Zukunft der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt, über finanzpolitische Rahmenbedingungen des Landes und den Sozialstaat unter Krisenbedingungen. Zu unseren durchaus prominenten Gästen gehörten Dietmar Bartsch (LINKE), Ulrich Schneider (Paritätischer), Katharina Zacharias (SPD) und Oliver Greie (verdi).

Auf dem nachgeholten Ostermarsch sprach ich über Defender 2020, eine NATO-Übung an der Grenze zu Russland – auch Deutschland nahm teil

Gleich nach der Klausur folgte dann der erste Ausschuss im Landtag. Der Wirtschaftsausschuss befasste sich zum zweiten Mal mit einem kritikwürdigen Berufungsverfahren an der Universität Halle. Dazu hatte ich bereits im Juni berichtet.

In der Juni-Sitzung des Ausschusses hatte man vergessen, die Gäste einzuladen, das wurde nun nachgeholt und mit Vertretern der Universität debattiert. Die Mitteldeutsche Zeitung berichtete ausführlich. Da es eine Klage in diesem Berufungsverfahren gibt, warten wir das Urteil ab und beschäftigen uns dann ein weiteres Mal mit diesem Fall.

Heute folgte dann zum Abschluss dieser ereignisreichen Woche der nachgeholte Ostermarsch der Bürgerinitiative Offene Heide. Dieser fand diesmal in Burg statt. Im März hatten in der Burger Kaserne 120 US-Soldaten auf dem Weg ins Baltikum Rast gemacht. Sie waren auf dem Weg zu einer der größten Militärübungen seit 25 Jahren, mit dem Namen “Defener 2020”.

Da ich als Abgeordnete für das Jerichower Land zuständig bin, übernahm ich auch einen Redepart. Mit Fahrrädern fuhren wir vom Rolandplatz zur Clausewitz-Kaserne der Bundeswehr, hielten eine Mahnwache ab und trafen uns anschließen zu einer Kundgebung wieder in Burg. Der Ostermarsch findet jedes Jahr unter einem anderen Motto statt, steht aber generell für Frieden und Abrüstung.

Vorschau für die kommenden Monate

Nach der Sommerpause werden uns einige spannende und herausfordernde Monate erwarten. Um sich schon mal inhaltlich und mental darauf vorzubereiten, haben wir im Rahmen einer kleinen Finanzer-Klausur geschaut, was uns erwarten wird und welche Themen wir weiter bearbeiten wollen.

Schon Mitte September wird uns die Interimssteuerschätzung erreichen und aufzeigen, ob wir in Sachsen-Anhalt einen weiteren Nachtragsaushalt brauchen werden. Falls ja, ist fraglich, ob die instabile Koalition so kurz vor der Wahl überhaupt einen weiteren Haushalt zustande bringt. Spannend ist dahingehend auch, wie sich der europäische Corona-Haushalt auf Sachsen-Anhalt auswirken wird.

Kleiner Blick in die Zukunft Foto: pixabay

Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen wird uns auch weiterhin beschäftigen und gerade in finanzieller Hinsicht ein waches Auge der Abgeordneten fordern. Die Regierung muss uns regelmäßig bis mindestens zum Jahresende berichten, was sie mit den 500 Millionen im Corona-Haushalt gemacht hat und weiter plant. Bei finanziellen Engpässen in bisher nicht bedachten Bereichen müssen wir dann tätig werden (siehe Jugendverbandsarbeit und Jugendbildungshäuser).

Wie uns im Juni  mitgeteilt wurde, ist die erst kürzlich gerettete NORD/LB instabiler als erwartet. Wir rechnen damit, dass wir hier weiter aktiv werden und die Entwicklung der Bank intensiv beobachten müssen. Wir erwarten von der Landesregierung eine transparente und selbständig erfolgende Berichterstattung über die Lage und der Entwicklung der Bank. In diesem Jahr hat sich das Finanzministerium beim Thema Transparenz nicht mit Ruhm bekleckert. Auch die Herauslösung der Investitionsbank aus der NORD/LB wird uns weiter beschäftigen. Hier ist viel Geld und viel Verantwortungsbewusstsein gefragt.

Ums Geld geht es auch bei den Klagen von Kommunen gegen Kreisumlagen. Das sind von Gemeinden an den Landkreis zu zahlende Umlagen zur Finanzierung der vom Landkreis erbrachten öffentlichen Leistungen. Die Kreisumlage ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Landkreise. Sie wird u.a. deshalb erhoben, weil Landkreise meist keine nennenswerten eigenen Steuereinnahmen erzielen. Einige Kommunen im Land haben nun wegen zu hoher Kreisumlagen geklagt. Oftmals können die Kreise aber die Umlagen nicht zurückzahlen, daher kann es sein, dass wir demnächst als Land tätig werden müssen.

Tätig werden muss das Land auf jeden Fall beim Thema Krankenhäuser. Hier hat sich in den vergangenen Monaten eine hitzige Debatte zur Finanzierung des Gesundheitssystems entfacht, die momentan in der Koalition und zwischen Finanz- und Sozialministerium ausgetragen wird. Das Finanzministerium möchte, dass ein Gutachten zur Krankenhauslandschaft erstellt wird. Dieses soll aber nicht vom Sozialministerium gemacht werden, sondern von der Investitionsbank an einen Dritten vergeben werden. Seit Monaten werden sich die Ministerien nicht einig. Da werden wir dran bleiben und nachfragen.

Alle guten Dinge sind 23

Mit 23 Tagesordnungspunkten war die letzte Sitzung des Finanzausschusses vor der Sommerpause mehr als überfrachtet, zumal einige Punkte große Diskussionsbedarfe auslösten. Auch die Vorbereitung für die Sitzung nahm statt einigen Stunden, diesmal (durch teilweise 100 Seiten starke Unterlagen), mehrere Tage in Anspruch. Zu den Highlights der Sitzung gehörten:

Die Berichterstattung zu den Corona-Sofortmaßnahmen

Hier berichtet uns das Finanzministerium, was die Landesregierung mit dem Nachtragshaushalt anstellt, wo es finanzielle Bedarfe gibt, welche zusätzlichen neuen Erlasse und Richtlinien dazu gekommen sind und wo noch Geld übrig ist. Von den 150 Millionen Euro für Wirtschaftsförderung sind beispielsweise noch 45 Millionen Euro übrig. Diese können für andere Vorhaben eingesetzt werden – wir hätten da einige Ideen…

Der halbjährlich erfolgende Bericht zum Bauhausjubiläum

Vor und während des Bauhausjubiläums sollten uns Staatskanzlei und Kulturministerium darüber berichten, wie die Bauvorhaben umgesetzt werden, welche Projekte stattfinden bzw. stattgefunden haben und wie viel das alles kostet. Kürzlich gab es ein Problem mit dem Dach des Bauhausmuseums in Dessau. Es regnete hinein und man musste schnell eine Lösung finden. Auch die Betriebskosten für das Museum, die auch von der Stadt Dessau getragen werden müssen, waren in der Vergangenheit ein großer Diskussionspunkt.

Zwei Beraterverträge aus dem Umweltministerium

Das Umweltministerium hat uns Vorlagen für eine Studie in Höhe von 40.000 Euro und einen Beratervertrag in Höhe von knapp 1 Millionen Euro vorgelegt, denen wir zustimmen sollten. Problem bei beide Vorlagen: Es wurden Parlaments-Beschlüsse nicht umgesetzt, Fehler bei der Ausschreibung gemacht und angeforderte Unterlagen nicht geliefert. Folge ist nun, dass ein Beratervertrag wieder ans Ministerium geht und der andere nur sehr knapp bestätigt wurde (6:5:0 – obwohl vorher alle Kritik geäußert haben).

Der neue Glücksspielstaatsvertrag aller Bundesländer

Der Staatsvertrag sollte nach dem Willen der Landesregierung nur dem Innenausschuss vorgelegt werden. Nur durch das Engagement meiner Fraktion haben wir diesen auch im Finanzausschuss beraten. Das war nötig, da Sachsen-Anhalt Sitz einer neu zu schaffenden bundesweiten Glücksspielbehörde werden soll. Finanziell und strukturell hat das auch größere Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt, immerhin müssen Ort, Gebäude und über hundert Mitarbeiter für die Behörde gefunden werden. Im zuständigen Innenministerium war man offenbar wenig erfreut über unser Engagement und unsere kritischen Fragen dazu. Wir lassen und weitere Unterlagen vorlegen.

Unser Antrag zur Jugendverbandsarbeit

Durch die kleine Finte in der letzten Landtagssitzung haben wir als Finanzausschuss nun die Federführung für diesen Antrag, was eine deutlich schnellere Beratungsgeschwindigkeit zur Folge hat. Wir haben im Ausschuss kurz über die Forsderungen diskutiert und den Antrag ohne Beschlussempfehlung an den Sozialausschuss überwiesen. Dieser berät ihn am 2. September vormittags und dann hoffentlich der Finanzausschuss am selben Tag nachmittags. Der Tagesordnungspunkt wurde auch im Zusammenhang mit den Corona-Hilfe besprochen, da es dort auch um finanzielle Hilfen für Schullandheime ging. Das Sozialministerium hatte eine Vorlage zur Unterstützung von Jugendbildungsstätten angekündigt. Diese war aber nicht auf der Tagesordnung. Heute weiß ich, dass die Unterlagen vom Sozialministerium ins Finanzministerium neun Tage gebraucht haben. So viel zum Thema Verwaltungsmodernisierung. Der Finanzminister sagte eine schnelle Bearbeitung zu. Wenn das nicht passiert, gehen die ersten Jugendbildungsstätten im August in Insolvenz.