16.07.2020 | Fachpolitik, Im Landtag
Mit 23 Tagesordnungspunkten war die letzte Sitzung des Finanzausschusses vor der Sommerpause mehr als überfrachtet, zumal einige Punkte große Diskussionsbedarfe auslösten. Auch die Vorbereitung für die Sitzung nahm statt einigen Stunden, diesmal (durch teilweise 100 Seiten starke Unterlagen), mehrere Tage in Anspruch. Zu den Highlights der Sitzung gehörten:
Die Berichterstattung zu den Corona-Sofortmaßnahmen
Hier berichtet uns das Finanzministerium, was die Landesregierung mit dem Nachtragshaushalt anstellt, wo es finanzielle Bedarfe gibt, welche zusätzlichen neuen Erlasse und Richtlinien dazu gekommen sind und wo noch Geld übrig ist. Von den 150 Millionen Euro für Wirtschaftsförderung sind beispielsweise noch 45 Millionen Euro übrig. Diese können für andere Vorhaben eingesetzt werden – wir hätten da einige Ideen…
Der halbjährlich erfolgende Bericht zum Bauhausjubiläum
Vor und während des Bauhausjubiläums sollten uns Staatskanzlei und Kulturministerium darüber berichten, wie die Bauvorhaben umgesetzt werden, welche Projekte stattfinden bzw. stattgefunden haben und wie viel das alles kostet. Kürzlich gab es ein Problem mit dem Dach des Bauhausmuseums in Dessau. Es regnete hinein und man musste schnell eine Lösung finden. Auch die Betriebskosten für das Museum, die auch von der Stadt Dessau getragen werden müssen, waren in der Vergangenheit ein großer Diskussionspunkt.
Zwei Beraterverträge aus dem Umweltministerium
Das Umweltministerium hat uns Vorlagen für eine Studie in Höhe von 40.000 Euro und einen Beratervertrag in Höhe von knapp 1 Millionen Euro vorgelegt, denen wir zustimmen sollten. Problem bei beide Vorlagen: Es wurden Parlaments-Beschlüsse nicht umgesetzt, Fehler bei der Ausschreibung gemacht und angeforderte Unterlagen nicht geliefert. Folge ist nun, dass ein Beratervertrag wieder ans Ministerium geht und der andere nur sehr knapp bestätigt wurde (6:5:0 – obwohl vorher alle Kritik geäußert haben).
Der neue Glücksspielstaatsvertrag aller Bundesländer
Der Staatsvertrag sollte nach dem Willen der Landesregierung nur dem Innenausschuss vorgelegt werden. Nur durch das Engagement meiner Fraktion haben wir diesen auch im Finanzausschuss beraten. Das war nötig, da Sachsen-Anhalt Sitz einer neu zu schaffenden bundesweiten Glücksspielbehörde werden soll. Finanziell und strukturell hat das auch größere Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt, immerhin müssen Ort, Gebäude und über hundert Mitarbeiter für die Behörde gefunden werden. Im zuständigen Innenministerium war man offenbar wenig erfreut über unser Engagement und unsere kritischen Fragen dazu. Wir lassen und weitere Unterlagen vorlegen.
Unser Antrag zur Jugendverbandsarbeit
Durch die kleine Finte in der letzten Landtagssitzung haben wir als Finanzausschuss nun die Federführung für diesen Antrag, was eine deutlich schnellere Beratungsgeschwindigkeit zur Folge hat. Wir haben im Ausschuss kurz über die Forsderungen diskutiert und den Antrag ohne Beschlussempfehlung an den Sozialausschuss überwiesen. Dieser berät ihn am 2. September vormittags und dann hoffentlich der Finanzausschuss am selben Tag nachmittags. Der Tagesordnungspunkt wurde auch im Zusammenhang mit den Corona-Hilfe besprochen, da es dort auch um finanzielle Hilfen für Schullandheime ging. Das Sozialministerium hatte eine Vorlage zur Unterstützung von Jugendbildungsstätten angekündigt. Diese war aber nicht auf der Tagesordnung. Heute weiß ich, dass die Unterlagen vom Sozialministerium ins Finanzministerium neun Tage gebraucht haben. So viel zum Thema Verwaltungsmodernisierung. Der Finanzminister sagte eine schnelle Bearbeitung zu. Wenn das nicht passiert, gehen die ersten Jugendbildungsstätten im August in Insolvenz.
12.07.2020 | Fachpolitik, Im Landtag
Die letzte Landtagssitzung vor der Sommerpause gestaltete sich etwas anders, als gedacht. Zum einen wurde die Sitzung von drei auf zwei Tage gekürzt, da offenbar doch nicht ganz so viele Anträge eingereicht wurden. Und zum anderen ist die Arbeitsweise des Parlaments durch die Corona-Bedingungen immer noch eingeschränkt.
Da wir durch die Mindestabstände nicht genug Plätze im Plenarsaal haben, müssen einige Abgeordnete auf der Tribüne sitzen. Ich finde das wenig sinnvoll und verfolge die Sitzung bei Debatten, bei denen ich thematisch nicht viel beizutragen habe, dann lieber von meinem Büro aus. In allen Landtagsbüros sind über den Türen Lautsprecher abgebracht, die die Debatte übertragen.
So habe ich diese Landtagssitzung erstmalig zu großen Teilen im Büro verbracht. Das war ungewohnt aber eine nette Abwechslung, da ich dadurch viele andere Dinge abarbeiten konnte, die gewöhnlich an Sitzungstagen liegen bleiben.
Mein Antrag mit dem sperrigen Titel “Beteiligung des Haushaltsgesetzgebers bei der Verteilung von EU-Mitteln” wurde zum zweiten (und letzten) Mal beraten. Die Koalition setzte sich mit ihrer Beschlussempfehlung durch. Erstmalig beraten hatten wir den Antrag im März 2019, nun, 16 Monate später, hat sich leider wenig getan. Ich muss aber lobend hervorheben, dass sich der Finanzausschuss wirklich mehrmals intensiv über diesen Antrag austauschte und sich sogar ein Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes anfertigen ließ. Es wissen auch alle Fraktionen, dass mit dem Beschluss nicht viel gewonnen ist, daher bin ich gespannt, wie sich das Thema weiter entwickelt. Die Debatte kann hier verfolgt werden.
Ein neuer Antrag, den ich hier auch schon angekündigt hatte, beschäftigt sich mit der Jugendarbeit unter Corona-Bedingungen. Es ging u.a. darum, den Jugendverbänden in diesem Jahr strukturell und finanziell mehr Freiraum zu geben. Da es ein Mischantrag zwischen Jugend- und Finanzthema war, gab es eine ungewöhnliche Rednerliste. Für die CDU sprach Tobias Krull (jugendpolitischer Sprecher), für die Grünen Olaf Meister (finanzpolitischer Sprecher), für die SPD Angela Kolb-Janssen (bildungspolitische Sprecherin) und für die AfD Daniel Wald, der im Rechnungsprüfungsausschuss sitzt (und offenbar keinen Sprecherposten hat).
Da das Anliegen des Antrages recht dringend ist, wollten wir keine Überweisung in die Fachausschüsse, sondern eine Direktabstimmung. Die Koalition hätte auch einen Alternativ- oder Änderungsantrag schreiben können, dazu hat sich aber offenbar niemand in der Lage gefühlt.
Vorschlag der Koalition war es, den Antrag federführend in den Sozialausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss zu überweisen. Wenn das so beschlossen worden wäre, hätten wir den Antrag erst wieder im November im Plenum, was aus meiner Sicht sinnfrei ist, da das Jahr dann vorbei ist und die Verbände mehr als ein halbes Jahr Zeit, Geld und Arbeit mit jungen Menschen verloren hätten. Also habe ich einen Gegenvorschlag gemacht, der sich so gestaltet:
So haben wir es am Ende auch beschlossen. Das ist zwar nicht das, was ich gern wollte, aber immer noch mehr, als die Koalition beabsichtigt hatte. Hier kann die gesamte Debatte verfolgt werden. In der Hand halte ich übrigens den Terminplan von weiter untem im Text…
Im Video sieht das so locker-flockig aus, als hätte ich mir das gerade erst ausgedacht. Wie viel Arbeit aber hinter diesem Vorschlag steckt, möchte ich an dieser Stelle gern erläutern: Zum einen musste ich heraus bekommen, was die Koalition mit dem Antrag macht. Das war recht einfach, da man schon im letzten Sozialausschuss angekündigt hatte, den Antrag überweisen zu wollen.
Was mir bis zum Anfang der Landtagssitzung aber nicht klar war: Der Antrag sollte auch in den Finanzausschuss überwiesen werden. Das ist keine dumme Idee, verlängert die Beratungszeit aber erheblich. Rausbekommen habe ich das, in dem ich nachgeschaut habe, wer von den anderen Fraktionen spricht. Das kann man zum Tag der Sitzung auf der Landtagswebseite nachschauen (dort ist beim Livetream schon vorher zu sehen, welche Redner kommen) oder man schaut in die Unterlagen des Vizepräsidenten, da steht das auch drin (-;
Da Olaf Meister sprechen sollte, fragte ich ihn am Mittwoch, ob der Antrag auch in den Finanzausschuss überwiesen werden soll. Er bejahte. Dann suchte ich mir auf der Landtagswebseite den Terminplan für das zweite Halbjahr heraus, auf dem man sehen kann, wann welche Ausschüsse tagen. Dort fiel mir auf, dass der Sozialausschuss erst im September und dann wieder im November tagt.

Kleiner Zeitplan, große Wirkung. Die Koalition jedenfalls war so überrascht von meinem Vorschlag, dass sie tatsächich zustimmte.
Ein federführender Ausschuss hat einen Antrag zwei Mal zu behandeln. Einmal, um darüber zu beraten und eine Beschlussempfehlung für den Landtag zu bearbeiten und ein zweites Mal, wenn der mitberatende Ausschuss auch sein Votum abgegeben hat. Aus den beiden Beschlussempfehlungen wird dann eine gemacht, die dann im Plenum besprochen wird.
Mein Ziel war es, so schnell wie möglich einen Beschluss zum Antrag zu fassen. Da ich mir nicht ganz sicher war, wie es sich verhält, wenn beide Ausschüsse an einem Tag stattfinden, fragte ich die Ausschusssekretärin des Finanzausschusses um Rat. Sie meinte, dass eine Befassung mit einem Thema am selben Tag in beiden Ausschüssen möglich ist, wenn ein Ausschuss das Thema am Anfang der Tagesordnung und ein Ausschuss das Thema am Ende der Tagesordnung behandelt.
Blieb nur noch zu klären, ob der Antrag, wenn der federführende Ausschuss eine Beschlussempfehlung erarbeitet hat, dann auch gleich in dem in der Woche darauffolgenden Plenum behandelt werden könnte. Da immer eine Woche vor dem Plenum der Ältestenrat die Tagesordnung festlegt, hatte ich die Befürchtung, dass die Zeit zu kurz wäre und der Antrag dann trotz der schnellen Ausschüsse erst im Oktober behandelt werden könne. Um das zu klären, bin ich zu unserem parlamentarischen Geschäftsführer Stefan Gebhardt gegangen. Er sagte, dass die Zeit ausreicht und der Antrag dann gleich im September zurück ins Plenum kann.
Dieses strukturelle Wissen war in diesem Fall mein Vorteil, denn die Koalition hatte sich offenbar über die Beratungsreihenfolge und der darin schlummernden Möglichkeiten keine Gedanken gemacht.
Das Beispiel zeigt, dass es manchmal gar nicht Inhalte, Argumente oder Vortragsweisen sind, die über einen politischen Erfolg entscheiden, sondern mitunter auch das Kennen von Geschäftsordnungen und Zeitplänen. Natürlich ist durch die Überweisungsreihenfolge noch keinem Jugendverband geholfen, aber die Möglichkeit, dass zeitnah etwas hilfreiches passiert, ist gestiegen.
04.07.2020 | Fachpolitik, Im Landtag
Die Arbeit im Parlament ist immer wieder ein Kräftemessen zwischen Regierung und Abgeordneten. Beide Säulen des Staates versuchen, ihre Ideen und Meinungen durchzusetzen. Die Legislative, also das Parlament, versucht, der Regierung eine Richtung vorzugeben und Grenzen zu setzen. Die Regierung, also die Exekutive, versucht eigene Schwerpunkte zu setzen und möglichst ohne Kontrolle des Parlaments durchzukommen.
Besonders nervig wird es für die Regierung, wenn die Abgeordneten ständig Fragen stellen oder Veränderungen im exekutiven Handeln fordern. Dann werden MinisterInnen und Verwaltungspersonal plötzlich sehr kreativ darin, uns Abgeordneten immer wieder kleine und große Steine in den Weg zu legen.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg… Foto: pixabay
Beispiele dafür sind fehlende Unterlagen zu den Sitzungen, lediglich mündlich vorgetragene Informationen oder Tischvorlagen, also Unterlagen, die erst am Tag der Sitzung auf den Tisch gelegt werden. Besonders nervig finde ich es, wenn ein Minister oder Staatssekretär während der Sitzung von seinem Blatt einen Bericht vorliest. Warum konnte man uns diese Vorlage nicht einfach vorher zuschicken? Wenn das Wissen nicht nur in seinem Kopf sondern tatsächlich auch irgendwo in einem Computer steckt, kann man es uns ja auch vorher zur Verfügung stellen.
Ein beliebtes Spiel ist auch das Einstufen von Unterlagen. Diese müssen in die Geheimschutzstelle und können uns nicht einfach zugeschickt werden. Gemacht wird das oft bei brisanten Antworten auf Kleine Anfragen, in Untersuchungsausschüssen oder manchmal auch bei heiklen Punkten in Ausschusssitzungen. Dann werden manche Tagesordnungspunkte auch “vertraulich” im Ausschuss behandelt, das heißt, nur die Abgeordneten, Referenten, die Ministerialverwaltung und das Ausschusssekretariat darf anwesend sein. Die Niederschriften dieser vertraulichen Teile von Ausschusssitzungen werden uns hinterher nicht zugeschickt sondern landen auch, wer hätte es gedacht, in der Geheimschutzstelle. Wenn also das Thema nach einigen Wochen erneut behandelt wird, muss man, wenn man sich die Niederschrift mal anschauen will (das hilft ja auch, um die Erinnerung aufzufrischen), kann man das nur in der Geheimschutzstellen tun. Das kostet viel Zeit und Nerven.
Neuerdings haben wir es auch des Öfteren mit Ministerien zu tun, die einfach nicht das umsetzen, was wir beschlossen haben. Im Rechnungsprüfungsausschuss ist mir das besonders aufgefallen. Ein Ministerium sollte die Zielvereinbarung mit einem Landesamt verbessern und u.a. mehr Kontroll- und Prüfmöglichkeiten einbauen. Und was macht das Ministerium? Es streicht entscheidende Kontrollpunkte komplett aus der Vereinbarung. Begründung: Zu wenig Personal, um alles zu prüfen.
Ein anderes Ministerium sollte im Rahmen seiner Rechtsaufsicht mit einer zu beaufsichtigenden Institution Änderungen bspw. bei Ehrenamtspauschalen vornehmen. Jetzt schreibt man uns, dass man abwarten will, was in der neuen Wahlperiode der Institution passiert und prüft dann noch mal nach. Schön, dass wir uns in den vergangenen Jahren immer wieder intensiv mit dem Thema beschäftigt haben und jetzt nichts passiert. Meine Zeit kann ich auch besser verbringen, als mir dünne Begründungen der Verwaltung anzuhören.
Momentan suche ich noch nach einem Weg über die kleinen und großen Steine der Regierung. Manchmal sind auch Umwege sinnvoll, anstrengend, zeit- und nerventötend ist das aber in jeden Fall. Schade, das wir solche Spielchen spielen müssen…
17.06.2020 | Fachpolitik, Im Landtag
Dass schon in rund vier Wochen die Sommerpause des Landtages beginnt, führt gerade zu allerlei hektischem Treiben im Landtag. Plötzlich müssen alle Ausschüsse schnell noch tagen, haben ungewöhnliche lange Tagesordnungen und sind zeitlich sehr dicht bei einander.
Für meine Ausschüsse bedeutet das viel Vorbereitung bei wenig Zeit. Morgen tagt seit Monaten wieder der Rechnungsprüfungsausschuss. Wir haben etliche Themen in gefühlt fast allen Politikbereichen auf der Tagesordnung. Das sind aber immer noch nur die Themen der Prüfung des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 2018. Mit den Prüfungen aus 2019 haben wir noch gar nicht angefangen und der 2020 Bericht wird schon im nächsten Monat vorgestellt…
Kommende Woche Montag tagt der Landesjugendhilfeausschuss in Halle, dann am Dienstag das Plenum mit einer von der AfD beantragten Sondersitzung zur Diätenerhöhung, am Mittwoch der Finanzausschuss mit 20 Tagesordnungspunkten und am Donnerstag der Wirtschaftsausschuss, zu dem wir Finanzer auch zwei Themen beigetragen haben.
Im Prinzip müssen wir diese Woche schon alles vorbereiten, weil kommende Woche keine Zeit für Vorbesprechungen oder Aktenstudium ist. Freitag wird also ein etwas längerer Tag. Eigentlich hätte am Freitag auch noch der 15. Untersuchungsausschuss zu den Beraterverträgen getagt, dieser wurde aber auf den 6. Juli verschoben, weil freitags mehrere Ausschüsse parallel tagen und einige Ausschussmitglieder bei mehreren gesetzt sind.
Im Landesjugendhilfeausschuss werden wir uns am Montag mit dem Thema “Hate Speech in sozialen Netzwerken”, dem Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung und der aktuellen Lage der Kinder- und Jugendarbeit durch die Corona-Pandemie beschäftigen.
Der Finanzausschuss wird sich (endlich) mit der Situation der NORD/LB beschäftigen (hier sieht es trotz der Rettungsaktion 2019 gar nicht gut aus), mit dem Konjunkturpaket des Bundes, mit der Verteilung von EU-Mitteln und diversen anderen Punkten.
Im Wirtschaftsausschuss haben wir zwei Themen eingebracht, die uns schon seit längerem umtreiben. Zum einen die Arbeit des Landestourismusverbandes, der in den letzten Haushalten finanziell ordentlich Rückenwind bekam. Der Vorsitzende des Verbandes ist zufällig auch Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, was die Sache noch mal spannender macht. Im Beitrag “Hungrige Finanzer und teure Oblaten” hatte ich mich mit der Thematik schon mal dezidierter beschäftigt. Außerdem lassen wir uns über ein Berufungsverfahren an der Uni Halle berichten. Auch hier bin ich involviert, da ich im Juni 2019 einen anonymen Brief dazu erhielt. Schön, dass wir uns auch im Ausschuss damit beschäftigen.
06.06.2020 | Fachpolitik, Im Landtag
Krisenzeiten sind Zeiten der Exekutive. Die Regierung kann beinahe ohne Kontrolle und ohne Begrenzungen schalten und walten, wie sie will. Es muss ja alles ganz schnell gehen, es sind ja besondere Zeiten, man muss schon vertrauen.
Dass die Regierung in der Krise viel zu tun hatte (und hat), ist unbestritten. In manchen Wochen kam das Kabinett mehrfach zusammen und beriet weitere Schritte, es bildete sich ein Pandemiestab und es wurden immer wieder Beratungen zu verschiedenen Themen angesetzt. Es gab Kabinettspressekonferenzen, die im Internet übertragen wurden, diverse Pressemitteilungen und Interviews, um die Menschen zu informieren.
Parallel zu den Aktivitäten der Regierung wurde der Landtag quasi zugemacht. Die Landtagspräsidentin beschloss mit dem Ältestenrat, dass die parlamentarische Arbeit eingestellt wird. Keine Ausschüsse, kein Plenum, keine Fraktionssitzungen, keine Arbeitstreffen, keine Termine. Wir stellten mit unserem Shutdown quasi genau das Gegenteil der Regierung dar.
Zu beachten ist hier, dass der Landtag mit seiner Präsidentin nicht zur Regierung gehört. Der Landtag agiert eigenständig und unabhängig von den Regierungsentscheidungen.
Was uns Parlamentariern blieb, waren Presse, Radio, Fernsehen und soziale Netzwerke, um auf dem Laufenden zu bleiben. Einzig der Finanzsauschuss tagte regelmäßig physisch im Landtag und traf Entscheidungen. Und genau an dieser Stelle knirschte es immer wieder zwischen Regierung und Parlament.
Normalerweise legt der Ausschussvorsitzende in Absprache mit dem Ausschuss die Tagesordnung fest. Auch Wünsche der Regierung werden in der Regel berücksichtig (zum Beispiel bei Gesetzesvorhaben), diese müsse aber nicht beraten werden. Es ist unser Ausschuss, es sind unsere Regeln. Wir haben z.B. festgelegt, dass Unterlagen eine Woche vor dem Ausschuss bei uns sein müssen, sonst brauchen wir sie nicht behandeln.
In der Krisensituation hatte ich hin und wieder den Eindruck, dass die Regierung ihr Ding durchzog und sich um Gepflogenheiten im Parlament wenig kümmerte. Zum einen kamen Punkte auf die Tagesordnung, die aus meiner Sicht weder dringend noch pandemiebedingt waren. Zum anderen kamen diverse Vorlagen sehr spät oder am Tag der Sitzung oder gar nicht. Auf der anderen Seite wurde die Frist zur Beantwortung Kleiner Anfragen der Abgeordneten von vier auf acht Wochen hoch gesetzt.
Und dann gab es zwei Fälle, in denen das Agieren der Regierung schon an Dreistigkeit grenzte. Im April schaute ich mir dienstags die Kabinettspressekonferenz im Livestream an, in der die Sozialministerin verkündete, dass das Kabinett entschieden hätte, die KiTa-Beiträge für den Monat April zu übernehmen. Der Finanzausschuss würde morgen (also am Mittwoch) darüber abschließend entscheiden. Ich stutzte kurz und kramte die Tagesordnung hervor. Da stand nichts von KiTa-Beiträgen. Es gab auch keine Vorlage. Hatte sie sich geirrt? Nein, hatte sie nicht. Am nächsten Tag wurde uns mündlich vom Beschluss des Kabinetts berichtet und wir sollten über die Freigabe der Gelder abstimmen. Da das Thema schon Wochen vorher in den Fraktionen diskutiert wurde, hatten wir uns eine Meinung gebildet. Die Übernahme der Kosten fanden wir in Ordnung und stimmten diesem zu. Die Art und Weise, wie man uns das (nicht) vorgelegt hatte, war dennoch grenzwertig.
Vergangene Woche dann begann der Ministerpräsident die Kabinettspressekonferenz mit der Verkündung, dass die Regierung Pflegekräften in der Altenpflege einen Bonus für das Jahr 2020 zahlen würde. Vom Bund kämen pro Pflegekraft 1.000 Euro, vom Land zusätzlich 500 Euro. Diese 1.500 Euro sollten an die ca. 39.000 Pflegekräfte im Land gehen, nachdem der Finanzausschuss entschieden hätte. Die gleiche Nummer wie einige Wochen vorher! Auch hier gab es keine Vorlage, auch hier wurde nur mündlich berichtet. Hier kam aber erschwerend hinzu: Wir konnten uns vorher nicht in den Fraktionen abstimmen und ich hatte diese Kabinettspressekonferenz diesmal nicht im Livestream verfolgt.
Als uns am nächsten Vormittag also verkündet wurde, dass wir über den so genannten Pflegebonus entscheiden sollten, war mir vollkommen unklar, worum es ging. Unsere Entscheidung wog aber rund 17,5 Millionen Euro schwer. Diese ohne Vorlage, ohne Vorbereitung und Absprache mit den Fachpolitikern zu treffen, fand ich sehr fahrlässig.
Ich gehe davon aus, dass es in beiden Fällen eine schriftliche Vorlage im Kabinett gab. Diese hätte man uns geben können. Falls nicht, hätte eine Vorlage für uns erarbeitet werden können. Manchmal debattieren wir im Ausschuss mehrere Sitzungen lang über Beraterverträge, die 200.000 Euro kosten. Da haben wir mehrseitige Vorlagen und Vorbereitungen. Und hier sollen wir eben mal schnell über 17,5 Millionen entscheiden?
Natürlich sind beide Vorhaben unterstützenswert. Dass Eltern, die ihre Kinder wegen behördlicher Anweisungen nicht in die KiTa schicken konnten, die Beiträge erstattet bekommen, ist richtig. Und dass Pflegekräfte, die in ihrem ohnehin sehr anspruchsvollen Beruf haben, finanzielle Unterstützung bekommen sollen, ist eine Selbstverständlichkeit.
Das heißt allerdings nicht, dass Vereinbarungen, Regeln und Parlamentsfestlegungen plötzlich außer Kraft Gesetz werden dürfen. Wie schnell die Regierung in Krisenzeiten dazu übergeht, die Rechte des Parlaments zu missachten, macht mir Sorgen. Ich habe in der letzten Finanzausschusssitzung jedenfalls darauf hingewiesen, dass Vorlagen zukünftig wieder pünktlich kommen sollten, sonst würden wir einer Behandlung im Ausschuss widersprechen.
17.05.2020 | Fachpolitik, Im Landtag
…könnte sich Finanzminister Richter gedacht haben, als er die aktuelle Steuerschätzung sah. In dieser Krise Finanzminister zu sein, ist sicher kein einfacher Job. Als er den Posten vergangenes Jahr übernommen hat, waren seine Vorstellungen dazu wahrscheinlich eher die eines Gestalters als die eines Krisenmanagers…
Laut Steuerschätzung des Arbeitskreises Steuerschätzung (einer Art Rat der Weisen, die berechnen, wie die Steuerentwicklung in Deutschland in den kommenden Monaten und Jahren aussehen könnte), wird sich die Pandemie stark auf die Steuereinnahmen des Staates auswirken, und zwar auf zweierlei Weise. Zum einen sinken die Steuereinnahmen durch Gewinneinbußen, Umsatzrückgang und Kurzarbeit in diesem Jahr erheblich. Zum zweiten wirkt sich die Pandemie ganz konkret auf die Arbeit der Steuerschätzer aus. Noch nie musste der Arbeitskreis mit so vielen Unwägbarkeiten zurechtkommen. Um den kommenden Haushalt 2021 auf solide Füße zu stellen, wird der Arbeitskreis Anfang September daher eine weitere Zwischen-Steuerschätzung vornehmen. Normalerweise würde die nächste Schätzung erst im November stattfinden.

In den kommenden Jahren wird weniger Geld in die Staatskassen fließen, als geplant. Auch Sachsen-Anhalt wird geringere Steuereinnahmen haben
Die Ergebnisse der Steuerschätzung sehen wie folgt aus: Für dieses Jahr ist mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um -6,3 Prozent und im Jahr 2021 mit einem Anstieg von +5,2 Prozent zu rechnen. Das bedeutet Mindereinnahmen von insgesamt 98,6 Milliarden Euro. Für den Bund heißt das Mindereinnahmen von 44,0 Milliarden Euro, für die Länder von 35,0 Milliarden und für die Gemeinden von 15,6 Milliarden Euro.
Für Sachsen-Anhalt bedeutet dies, dass die Einnahmen im Vergleich zum Haushaltsplanansatz 2020 und 2021 in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro bzw. rund 500 Millionen Euro sinken. Für 2020 haben wir Ausgaben in Höhe von ca. 11,8 Milliarden Euro eingeplant. Der Nachtragshaushalt hat noch 500 Millionen Euro oben drauf gelegt.
Da wir nun 1,2 Milliarden weniger einnehmen, muss geschaut werden, wie man die entstandene Lücke schließen kann. Ich gehe davon aus, dass es mindestens einen weiteren Nachtragshaushalt im zweiten Halbjahr geben wird. Vielleicht auch noch einen weiteren für das Jahr 2021.
Und noch zu einem zweiten Thema, das zum Motto “Hätte ja klappen können…” passt. Der MDR rief am Freitag noch mal an und sagte, dass das Konzert für das Landesamt für Verbraucherschutz am Montag nicht stattfinden wird. Der Präsident des Landesamtes hätte es aus unterschiedlichen Gründen nicht erlaubt. Die genauen Gründe wurden mir nicht genannt. Ich nehme an, dass es etwas mit Compliance-Regeln der Landesverwaltung zu tun hat. Die besagen, dass man keine Geschenke ab einem bestimmten Wert annehmen kann. Dass die Musiker eh bezahlt sind und momentan ja keine Auftritte haben können, wurde wohl nicht berücksichtigt. Schade.